Kritik am Schweizer Okay zu Kondomverzicht bei HIV

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Kampagne "mach‘s mit" in Deutschland: Hier wird weiterhin für die generelle Verwendung von Kondomen zur Prävention von HIV-Infektionen plädiert.

Kampagne "mach‘s mit" in Deutschland: Hier wird weiterhin für die generelle Verwendung von Kondomen zur Prävention von HIV-Infektionen plädiert.

© Foto: bzga

BERN (ple). HIV-Infizierte, bei denen durch die antiretrovirale Therapie kein HIV mehr im Blut nachweisbar ist, können unter bestimmten Bedingungen auf Kondome zur Prävention verzichten. Das ist die knappe Botschaft Schweizer Aids-Spezialisten. In Deutschland hält man von dieser Botschaft nichts.

Das Okay hatte die Eidgenössische Kommission für Aids-Fragen auf der Grundlage mehrerer Studien Anfang der Woche in der "Schweizerischen Ärztezeitung" gegeben. An den Studien nahmen heterosexuelle sowie homosexuelle Paare teil. Unter optimalen Voraussetzungen könne ein Paar, bei dem ein Partner HIV-infiziert ist, normalen Geschlechtsverkehr ohne Kondom haben, so der Infektiologe Professor Pietro Vernazza vom Kantonspital St. Gallen. Optimale Voraussetzung bedeute: eine stabile HIV-Behandlung, kein Aids-Erreger im Blut nachweisbar, keine Geschlechtskrankheiten.

Die Schweizer Kommission zitiert unter anderen die Ergebnisse einer spanischen Längsschnittstudie mit fast 400 heterosexuellen serodifferenten Paaren, bei denen es im Verlauf von 14 Jahren bei jenen Paaren zu keiner Infektion kam, bei denen jeweils der HIV-Infizierte antiretroviral behandelt worden war (J Acquir Immune Defic Synd 40, 2005, 96). Serodifferent bedeutet, ein Partner ist HIV-positiv, der andere HIV-negativ. Bei Paaren ohne die antiretrovirale Therapie habe die Übertragungsrate 8,6 Prozent betragen.

Das Ansteckungsrisiko sei zwar unter einer wirksamen antiretroviralen Therapie deutlich reduziert, doch "eine staatliche Empfehlung zum Verzicht auf Kondome können wir nicht geben", so Professor Reinhard Kurth, Leiter des Robert-Koch-Instituts in Berlin, in der "Süddeutschen Zeitung".

Auch die EU-Kommission ist von der Botschaft der Schweizer Aids-Experten nicht begeistert. Sie plädiert weiterhin generell für "safe sex" zur HIV-Prävention, heißt es in der "Neuen Züricher Zeitung". Und die Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung in Köln erinnert daran, dass fsd Okay der Schweizer Kommission nur für wenige Menschen gilt, bei denen die drei genannten Voraussetzungen gegeben sind.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Bärendienst für die HIV-Prävention

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