Nach Krebstherapie

Lebenslang Probleme mit den Harnwegen

Überlebende von Krebs in der Kindheit werden im späteren Leben zweieinhalb mal häufiger als Vergleichspersonen wegen einer Erkrankung der Harnwege stationär behandelt. Das größte Risiko besteht nach Abdominaltumoren.

Von Dr. Christine Starostzik Veröffentlicht:
Vor allem für jugendliche Chemotherapiepatienten ist das Risiko für Folgeerkrankungen hoch.

Vor allem für jugendliche Chemotherapiepatienten ist das Risiko für Folgeerkrankungen hoch.

© Mathias Ernert

AARHUS. In den nordischen Ländern überleben nach einer Krebserkrankung in der Kindheit heute mehr als 80 Prozent der Patienten die Fünfjahresgrenze. Fast jeder tausendste Erwachsene in der Allgemeinbevölkerung hat ein Malignom besiegt. Viele haben aber noch lange mit den Folgen der Therapien zu kämpfen.

Nur wenig ist bisher über die Auswirkungen von nephrotoxischen Chemotherapien, Nephrektomien und Strahlentherapien im Bereich des Abdomens auf den Harntrakt bekannt.

Bei der "Adult Life after Childhood Cancer in Scandinavia"-Studie haben Trine Bonnesen von der Uniklinik Aarhus und Kollegen untersucht, wie häufig Überlebende kindlicher Malignome in Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden solche Folgeerkrankungen des Harntrakts entwickeln.

Hierzu analysierten sie die Daten von 43.909 Personen, die vor dem 20. Lebensjahr an Krebs erkrankt waren. Der Studienzeitraum reichte von den 1940ern bis Ende 2008.

 Am häufigsten kamen Tumoren des ZNS, Leukämien und Lymphome vor. Zum Vergleich zogen die Autoren pro Patient in der Regel fünf vergleichbare Personen ohne Krebserkrankung heran. Ausgewertet wurden die Daten der nationalen Klinikregister, wo 32.519 Ein-Jahres-Überlebende im Mittel weitere zehn Jahre nachbeobachtet worden waren.

Höheres Risiko für alle Krankheiten

Insgesamt waren 1645 Überlebende wegen einer Erkrankung des Harntrakts stationär behandelt worden. Die Autoren errechneten für die ehemaligen Krebspatienten gegenüber den Kontrollen ein 2,5-faches Erkrankungsrisiko beziehungsweise ein absolutes Zusatzrisiko (AER) von 229 zusätzlichen Fällen pro 100.000 Personenjahre (PJ).

Dieses Risiko war für alle untersuchten Krankheitskategorien erhöht. Diese waren glomeruläre Erkrankungen, tubulointerstitielle Krankheiten, akutes Nierenversagen, chronische Nierenkrankheiten, Urolithiasis, obstruktive Uropathie, Harnwegsinfektionen, andere und unspezifische Erkrankungen. Am häufigsten wurde eine Infektion der Harnwege diagnostiziert.

Das Gesamtrisiko für ein akutes Nierenversagen war gegenüber den Kontrollen siebenfach erhöht, das für eine chronische Nierenerkrankung vierfach. Die höchsten relativen Risiken im Vergleich zu den Kontrollen zeigten sich bei den medikamenteninduzierten tubulointerstitiellen Nierenerkrankungen (RR 15,6) sowie bei der neuromuskulären Dysfunktion der Blase (RR 11,1).

Besonders Jugendliche betroffen

Abgesehen von den Überlebenden eines Retinoblastoms ergab sich in allen Krebsdiagnosegruppen ein erhöhtes Risiko für Erkrankungen der Harnwege. Insgesamt am häufigsten mussten Überlebende eines Neuroblastoms oder eines Nierentumors wegen der Folgeerkrankung stationär behandelt werden.

Das Risiko für ein akutes Nierenversagen war besonders hoch bei Patienten, die in der Kindheit an Neuroblastomen, Nierentumoren oder Leukämie erkrankt waren. Ehemalige Patienten mit Neuroblastom, Nieren- oder Lebertumor entwickelten zudem besonders oft eine chronische Nierenkrankheit.

Anders als in früheren Studien war das Risiko für Folgeerkrankungen nicht bei denjenigen am größten, deren Krebs in besonders jungen Jahren diagnostiziert worden war, sondern vielmehr bei den zwischen 15 und 19 Jahren Erkrankten (HR 2,39 gegenüber den 0- bis 4-Jährigen).

Die Studie verdeutliche unter anderem, so die Autoren, wie lang die zusätzliche Belastung des Harntrakts nach einer Krebsdiagnose unvermindert bestehen bleibe und dass fast für alle Erkrankungen in diesem Bereich eine erhöhte Gefahr bestehe.

Auffällig war unter anderem das besonders hohe Risiko für ein akutes Nierenversagen nach Leukämien, Neuroblastomen und Nierentumoren. Hier könnten neben nierentoxischen Chemotherapeutika auch zum Teil zeitgleiche langwierige Antibiotikatherapien mit nephrotoxischen Substanzen wie Aminoglykosiden oder Vancomycin beziehungsweise hochdosiertem Methotrexat relevant sein.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Blase, Niere, Prostata

Konsum von Cannabis erhöht Risiko für urologischen Krebs

ED-SCLC

Durvalumab im Real-World-Vergleich

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg

Forschung und Entwicklung

Wissenschaft in Medizin übertragen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Regeneron GmbH, München
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Durvalumab im Real-World-Vergleich

© Springer Medizin Verlag

ED-SCLC

Durvalumab im Real-World-Vergleich

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Wissenschaft in Medizin übertragen

© Regeneron

Forschung und Entwicklung

Wissenschaft in Medizin übertragen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Regeneron GmbH, München

Chronisch kranke Kinder

Mangelernährung frühzeitig erkennen und konsequent angehen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Danone Deutschland GmbH, Frankfurt/Main
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Lesetipps
Eine MFA schaut auf den Terminkalender der Praxis.

© AndreaObzerova / Getty Images / iStockphoto

Terminservicestellen und Praxen

116117-Terminservice: Wie das Bereitstellen von TSS-Terminen reibungsloser klappt

Bei Grenzentscheidungen (z.B. kürzlich stattgehabte Operation) gelte es, Rücksprache mit der entsprechenden Fachdisziplin zu halten, betont Dr. Milani Deb-Chatterji.

© stockdevil / iStock

Eine schwierige Entscheidung

Schlaganfall: Das sind Grenzfälle der Thrombolyse