Bevölkerungsbefragung

TK-Ernährungsstudie: Lebensmittelampel Nutri-Score wird beim Einkauf kaum beachtet

Wird der Nutri-Score bei der Wahl der Lebensmittel zur Orientierung genutzt? Die neue Ernährungsstudie der Techniker Krankenkasse zeigt: Über die Hälfte der Befragten lässt sich nicht vom Nutri-Score beeinflussen.

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Was isst Deutschland? Eine aktuelle Studie der TK zeigt: Zu den häufigsten verzehrten Lebensmitteln gehören Brot und Brötchen, gefolgt von frischem Obst und Gemüse sowie Milchprodukten.

Was isst Deutschland? Eine aktuelle Studie der TK zeigt: Zu den häufigsten verzehrten Lebensmitteln gehören Brot und Brötchen, gefolgt von frischem Obst und Gemüse sowie Milchprodukten.

© Markus Mainka / stock.adobe.com

Berlin. Bereits 2019 sprachen sich unter anderem Ärzte, Wissenschaftler und die Deutsche Adipositas-Gesellschaft für die Lebensmittelkennzeichnung Nutri-Score aus. Jetzt zeigt die aktuelle Ernährungsstudie der Techniker Krankenkasse (TK), dass sich Menschen beim Einkauf von Lebensmitteln eher weniger am Nutri-Score orientieren. Demnach richten sich über die Hälfte (59 Prozent) der bundesweit 1.704 Befragten nicht nach der Lebensmittelampel, meldete die TK am Mittwoch.

Wurde zu wenig Aufklärung betrieben oder wieso scheinen viele Menschen den Nutri-Score noch nicht wahrzunehmen? Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK, begründete das Ergebnis mit dem aktuellen Einkaufsverhalten der Menschen und möglichen Schwierigkeiten, wenn es um die Interpretation des Nutri-Scores geht: „Die Menschen packen ein, was sie anspricht und achten eher weniger auf die Verpackung. Hinzu kommt, dass die Interpretation des Nutri-Scores vielen Menschen noch nicht leicht fällt, da Produkte der Klasse verglichen werden.“ Dennoch sei er überrascht gewesen, wie viele Menschen bereits den Nutri-Score nutzen würden.

Professorin Ulrike Arens-Azevêdo, Mitglied des wissenschaftlichen Präsidiums der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) und ehemalige Präsidentin der DGE, stimmte Baas zu und ergänzte: „Normalerweise ist es doch so, dass wir spontan entscheiden, was genau in den Wagen gelegt wird.“ Auch müsse man bedenken, dass längst nicht alle Produkte im Supermarkt eine Lebensmittelampel aufweisen, so Arens-Azevêdo. Deshalb sei es für viele Menschen noch nicht präsent.

Über ein Drittel nutzen Nutri-Score

Auch wenn ein Großteil der Befragten sich nicht am Nutri-Score orientiert, gaben 38 Prozent an, sich beim Einkauf an die Angaben vom Nutri-Score zu richten. Auch zeigt die Untersuchung der TK, dass Personen, die auf die Kennzeichnung achten, gesündere Lebensmittel bevorzugen und seltener zu Fleischprodukten greifen. Von den 38 Prozent orientieren sich fünf Prozent stark am Nutri-Score und für zwei Prozent der Befragten ist die Lebensmittelampel völlig fremd (siehe nachfolgende Grafik).

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Aus den Daten der Studie geht jedoch nicht hervor, ob Menschen wegen des Nutri-Scores gesundheitsbewusster einkaufen oder ob sie sich grundsätzlich mehr für eine gesunde Ernährung interessieren und deshalb stärker auf den Nutri-Score achten, teilte die TK mit. Die Ernährungsstudie „Iss was, Deutschland!“ wurde im Auftrag der TK vom Meinungsforschungsinstitut Forsa durchgeführt. Vom 2. bis 26 Mai 2023 befragte Forsa bundesweit 1.704 Personen ab 18 Jahren zu ihrem Ernährungs- und Trinkverhalten. (sam)

Nutri-Score

Die von unabhängigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern entworfene Lebensmittelampel informiert über den Gesamtnährwert eines Lebensmittels. Das vereinfacht den direkten Vergleich von Lebensmitteln einer Produktkategorie. So können Einkäufer zum Beispiel vergleichen, welche der beiden Müslisorten die bessere Wahl ist. Ab Ende Dezember 2023 soll auch bei Getränken der Gehalt an Süßungsmitteln beim Nutri-Score berücksichtigt werden, so das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Bisher sind Lebensmittelhersteller nicht dazu verpflichtet, den Nutri-Score zu verwenden.

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Kommentare
Rike Funke 30.11.202311:16 Uhr

Ich schließe mich dem vorherigen Kommentar an: Es braucht ergänzende Aufklärungsmaßnahmen! So einfach ist das nicht. Und dabei bitte beachten: Die Kernzielgruppe sind Menschen mit niedrigem sozioökonomischen Status, oftmals mit Migrationshintergrund. Bitte, liebe DGE und Krankenkassen, auch ihr seid Teil dieser Aufklärungsarbeit für eine erfolgreiche Umsetzung - für mehr Gesundheit in Deutschland.

Andreas Bartels M.A. 30.11.202309:27 Uhr

Ich finde die Beachtung gar nicht so gering, wie in dem Artikel dargestellt. Wenn man betrachtet, wie schwierig es für Menschen ist, Verhaltensänderungen trotz eines Leidensdrucks und Bekanntheit der Spätschäden zu erreichen, zum Beispiel im Bereich Adipositas oder Rauchen oder generell Lebensstilanpassungen zu habitualisieren, sind 38%, die den Nutriscore in ihre Konsumentscheidungen einfließen lassen doch ein beachtlicher Wert.
Ich selbst wurde schon überrascht, welchen negativen Wert manch vermeintlich gesunde Lebensmittel hatten und habe den Konsum dieser eingeschränkt. Ich denke, es fehlen ergänzende Aufklärungsmaßnahmen. Es wäre aus meiner Sicht aber auch etwas naiv, deutlich höhere Werte zu erwarten, denn der Nutriscore kann nur eines von mehreren Stellschrauben. Auf jedenfall ein Anfang, da sich unsere Politik ja sehr schwer tut, die wirklich wirksamen Maßnahmen, wie zum Beispiel eine Zuckersteuer oder genereller Ernährungsunterricht in den Schulen, einzuführen.

Dr. Stefan Graf 30.11.202308:19 Uhr

Die geringe Beachtung des Nutriscore kommt nicht überraschend. Die Kennzeichnungsgrundlagen sind für den Großteil der an ihrer Ernährung interessierten Menschen viel zu undurchsichtig. Dass die Kennzeichnung jeweils nur für den Vergleich innerhalb einer Produktgruppe gilt, aber nicht für einen Vergleich zwischen verschiedenen Produktgruppen, geht völlig an der Praxis vorbei.

Wenn ein Mikrowellen-Fertiggericht (Hühnerfrikassee von Aldi, gestern gesehen) trotz unzähliger Zusatzstoffe, Geschmacksverstärker etc.) ein "A" erhält, weil es im Vergleich zu anderen Fertiggerichten "weniger schlecht" ist, aber ein ernährungsphysiologisch hochwertiger Sauermilchkäse (viel Eiweiß, wenig, Fett, keine KH, niedrige Kaloriendichte) allein wegen seines natürlichen Salzgehaltes nur mit "C" bewertet wird, ist das verständlicherweise schwer nachzuvollziehen. Auch dass wichtige, wertgebende Mikronährstoffe gar nicht in den Score einfließen, minimiert die Aussagekraft erheblich.

Die Leute wollen doch nicht nur wissen, ob Fertigpizza x oder Fertigpizza Y besser/weniger schlecht ist, sondern wollen ganz verschiedenen Produktgruppen miteinander vergleichen, um einen insgesamt ausgewogenen Speiseplan erstellen zu können.

Der Nutriscore in seiner jetzigen Form schafft mehr Verwirrung als alles andere. Wer sich für eine ausgewogene Ernährung interessiert, schaut ohnehin auf Inhaltsstoffe und Energiewerte. Und wer sich bisher nicht für gesunde Versorgung interessiert hat, wird es mit diesem Score auch nicht tun.

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