Mit 40 Tonnen im Sekundenschlaf über die Autobahn

Veröffentlicht:

In einer aktuellen Umfrage unter LKW-Fahrern gaben 43 Prozent an, im vorangegangenen Jahr schon einmal während der Fahrt eingenickt zu sein. Sieben Prozent davon räumten für diesen Zeitraum sogar mehr als 100 Einnickepisoden hinter dem Steuer ein. Wenngleich diese nur einen kleineren Teil ausmachen, erwiesen sich Fahrer mit Verdacht auf ein Schlafapnoe-Syndrom als besonders risikoträchtig.

Für die von Dr. Lutz-Dietrich Müller aus St. Gallen (ehemals Institut für Arbeits- und Sozialmedizin der Universität Tübingen) in Nürnberg vorgestellte und noch unveröffentlichte Tübinger Fernfahrerstudie waren von Januar bis Mai 2003 auf Autobahnraststätten im Großraum Stuttgart 348 Fernfahrer zum arbeitsmedizinischen Interview gebeten worden. 256 waren zur Teilnahme bereit.

Die Straßenkapitäne im Alter von 22 bis 68 Jahren (im Mittel 44 Jahre) gaben im Schnitt eine Fahrleistung von 153 000 Kilometern im Jahr an. Pro Woche sind sie im Mittel auch in 2,3 Nächten unterwegs. Etwa 45 Prozent der Teilnehmer räumten ein, daß ihr Schlafbedarf deutlich höher liegt, als es ihre Arbeitszeiten zulassen. Im Mittel wurde ein chronisches subjektives Schlafdefizit von täglich knapp zwei Stunden errechnet.

111 von 256 Fernfahrern (43,4 Prozent) gaben an, sich für das zurückliegende Jahr an mindestens eine Einnickepisode hinter dem Steuer erinnern zu können. Als gefährlichste Zeit, einem schlafenden Trucker in voller Fahrt zu begegnen, läßt sich aus der vorliegenden Studie die Spanne zwischen Mitternacht und drei Uhr morgens ableiten.

Aus den Daten der Befragung wurden im Schnitt 10,8 Einnickepisoden pro Fahrer und Jahr errechnet. Die individuellen Angaben reichten von 0 bis 300 jährlichen Sekundenschlaf-Episoden während des Fahrens. Immerhin acht Befragte gestanden 100 oder mehr Einnickepisoden pro Jahr ein.

Zwar erfüllten nur 14 der 256 erfaßten LKW-Fahrer die Verdachtskriterien einer Schlafapnoe. Im Vergleich zu Schlafapnoe-unverdächtigen Fahrern hatten sie aber offensichtlich ein knapp 20faches Einnickrisiko am Steuer. Und auch die auf die gesamte bisherige Berufskarriere bezogene Zahl an zugegebenen Beinahe-Unfälle wegen Einnickens war bei den Schlafapnoikern dramatisch erhöht (11 versus 1). (wst)

Schlafapnoe - Risikofaktor für Schlaganfall und Arrhythmien

Patienten mit Schlafapnoe-Syndrom haben nach neuen Studien ein doppelt bis vierfach erhöhtes Risiko für nächtliche Arrhythmien und ein doppelt so hohes Schlaganfallrisiko wie Menschen ohne diese Atmungsstörung.

In der einen Studie wurde die Häufigkeit von nächtlichen Herzrhythmusstörungen bei Patienten mit (n = 228) und ohne (n = 338) Schlafapnoe bestimmt. Das Ergebnis: In der Schlafapnoe-Gruppe traten signifikant häufiger Vorhofflimmern (4,8 vs. 0,9 Prozent), vorübergehende ventrikuläre Tachykardien (5,3 vs. 1,2 Prozent) oder komplexe ventrikuläre Ektopien (25 vs. 14,5 Prozent) auf. Bei Patienten mit Schlafapnoe ist somit das Risiko für Vorhofflimmern vierfach, für ventrikuläre Tachykardien dreifach und für komplexe ventrikuläre Ektopien zweifach erhöht (Am J Respir Crit Care Med 173, 2006, 910).

Daß Schlafapnoe-Patienten ein um knapp das Doppelte erhöhtes Risiko für Schlaganfall oder Tod haben, ist in einer Beobachtungsstudie mit 1022 Patienten, davon 677 mit Schlafapnoe, gezeigt worden. Dabei erwies sich die Schlafapnoe zudem als unabhängiger kardio- und zerebrovaskulärer Risikofaktor (NEJM 353, 2005, 2034).

Die Therapie bei Schlafapnoe orientiert sich primär am Schweregrad der Erkrankung. Bei einem Teil der Patienten reicht es, wenn sie abnehmen, keinen Alkohol trinken und nicht rauchen sowie auf einen regelmäßigen Schlaf achten. Oft ist jedoch eine Überdruckbeatmung nötig. Hierbei wird den Patienten mit geringem Überdruck über eine Nasenmaske Luft zugeführt. Der Überdruck hält den Rachen offen, obstruktive Apnoen können so nicht mehr entstehen. (eb) 

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Ansatz für die Prävention?

Schlafstörungen können Glaukom-Entstehung fördern

Das könnte Sie auch interessieren
PAP senkt Mortalität signifikant

© ResMed

Lancet: Neue Meta-Analyse

PAP senkt Mortalität signifikant

Anzeige | ResMed Germany Inc.
Wie UKPS den Weg zurück in die Therapie öffnet

© ResMed

PAP scheitert oft

Wie UKPS den Weg zurück in die Therapie öffnet

Anzeige | ResMed Germany Inc.
Schlafstörungen als Warnsignal

© shapecharge | iStock

Früherkennung Demenz

Schlafstörungen als Warnsignal

Anzeige | ResMed Germany Inc.
Was die MS-Behandlung auszeichnet

© Suphansa Subruayying | iStock

Lebensqualität

Was die MS-Behandlung auszeichnet

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

© AscentXmedia | iStock

Lebensqualität

Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 2: Schneller Wirkeintritt von Naldemedin im Vergleich zu Placebo in den Studien COMPOSE-1 und COMPOSE-2

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [15]

Opioidinduzierte Obstipation

Selektive Hemmung von Darm-Opioidrezeptoren mit PAMORA

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Viatris-Gruppe Deutschland (Mylan Germany GmbH), Bad Homburg v. d. Höhe
Abb. 1: Risikoreduktion durch Bempedoinsäure gegenüber Placebo in der CLEAR-Outcomes-Studie für den primären 4-Komponenten-Endpunkt (A) und den sekundären 3-Komponenten-Endpunkt (B) stratifiziert nach Diabetes-Status

© Springer Medizin Verlag

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Mirikizumab wirksam bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn

© Oleh / stock.adobe.com

Zielgerichtete Interleukin-23p19-Inhibition

Mirikizumab wirksam bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg v.d.H.
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Wenn „Gender“ und „Sex“ nicht übereinstimmen

Geschlechtsinkongruenz bei Kindern: Tipps zum Umgang mit trans*

Lesetipps
Sieht lecker aus und schmeckt — doch die in Fertigprodukten oft enthaltenen Emulgatoren wirken proinflammatorisch. Ein No-Go für Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen.

© mit KI generiert / manazil / stock.adobe.com

Emulgatoren in Fertigprodukten

Hilfreich bei Morbus Crohn: Speiseeis & Co. raus aus dem Speiseplan!

Checkliste Symbolbild

© Dilok / stock.adobe.com

Auswertung über Onlinetool

Vorhaltepauschale: So viele Kriterien erfüllen Praxen laut Honorarvorschau