Wirkung in Phase-IIa-Studie

Mit Cannabis-Bestandteil gegen Cannabis-Sucht

Es klingt paradox, aber Cannabidiol, ein Inhaltsstoff der Hanfpflanze, könnte Cannabisabhängigen helfen, den Konsum zu reduzieren. Entsprechende Hinweise kommen aus einer Placebo-kontrollierten Phase-IIa-Studie.

Von Dr. Beate Schumacher Veröffentlicht:
Cannabidiol, hier zum Beispiel in Tropfenform, ist ein nichtberauschender Bestandteil von Cannabis.

Cannabidiol, hier zum Beispiel in Tropfenform, ist ein nichtberauschender Bestandteil von Cannabis.

© Tinnakorn Jorruang / Getty Images

Bath. Cannabidiol (CBD) ist in vielen Cannabisprodukten enthalten, hat anders als Tetrahydrocannabinol (THC) aber keine berauschende Wirkung.

CBD wirkt selbst nur als schwacher Agonist an den Cannabinoidrezeptoren und kann darüber hinaus durch allosterische Modulation der Rezeptoren die Wirkung anderer Agonisten wie THC unterdrücken. Wegen der möglichen Blockade von THC-Effekten ist CBD auch ein potenzieller Kandidat für die Behandlung der Cannabisabhängigkeit.

Dass der Ansatz funktionieren könnte, dafür haben britische Forscher jetzt erstmals in einer randomisierten kontrollierten Studie Indizien gewonnen: Die Einnahme von täglich 400 beziehungsweise 800 mg CBD führte im Placebovergleich zu einer moderaten Reduktion des Cannabiskonsums.

Die Wissenschaftler warnen indes vor übereilten Schlüssen. Ihre Untersuchung war eine kleine Dosisfindungsstudie der Phase IIa und damit nicht darauf ausgelegt, das Ausmaß der Wirkung zu beurteilen (Lancet Psychiatry 2020; online 28. Juli).

Probanden mit mindestens einem erfolglosen Aufhörversuch

Die Studie war planmäßig zweigeteilt: In der ersten vierwöchigen Phase waren bei jeweils zwölf Teilnehmern 200, 400 und 800 mg / d CBD beziehungsweise Placebo getestet worden. Weil sich die 200-mg-Therapie als unwirksam herausstellte, wurden in der zweiten vierwöchigen Phase bei weiteren 34 Teilnehmern nur die 400- und 800-mg-Dosis mit Placebo verglichen.

Die Studienteilnehmer hatten eine DSM-5-Diagnose einer Cannabiskonsumstörung, wollten den Konsum beenden und hatten schon mindestens einen erfolglosen Abstinenzversuch hinter sich. Unabhängig von der Studientherapie erhielten sie eine kurze psychologische Intervention, die sie zum Entzug motivieren sollte.

In die finale Analyse wurden Teilnehmer aus beiden Studienphasen einbezogen (24 mit 400 mg CBD, 23 mit 800 mg CBD, 23 mit Placebo). Die primären Endpunkte wurden mit beiden höheren CBD-Dosierungen erreicht: Das Verhältnis von THC/Kreatinin im Urin, ein Maß für den Cannabiskonsum, war unter 400 mg CBD um 94,2 ng/ml und unter 800 mg CBD um 72,0 ng/ml stärker reduziert als unter Placebo.

Die Cannabisabstinenz verlängerte sich im Placebovergleich pro Woche um 0,48 Tage (400 mg) beziehungsweise um 0,27 Tage (800 mg). Die Dosis-Wirkungs-Beziehung scheint damit einem umgekehrten „U“ zu folgen, mit 400 mg CBD als wirksamster Dosis. Die Behandlung mit CBD wurde in allen Gruppen gut vertragen, bei keinem Patienten traten schwerwiegende Nebenwirkungen auf.

Größere Studien nötig

„Unsere Studie liefert den ersten kausalen Beweis zugunsten von CBD zur Behandlung von Cannabiskonsumstörungen“, so Studienerstautor Tom Freeman von der Universität in Bath. Der Experte für Substanzabhängigkeit hält die Ergebnisse für sehr ermutigend, vor allem vor dem Hintergrund, dass es bisher keine Medikamente gibt, die den Cannabisentzug unterstützen.

Er betont aber, dass größere Studien nötig seien, um die optimale Dosierung und die Wirksamkeit definitiv beurteilen zu können. Ausdrücklich warnt Freeman davor, zum Entzug kommerzielle CBD-Produkte zu Hilfe zu nehmen.

Sie würden deutlich niedrigere Dosierungen enthalten und ihre Qualität sei nicht ausreichend gesichert, sie sollten daher nicht zu medizinischen Zwecken genutzt werden.

Mehr zum Thema

Nach Teil-Legalisierung in Deutschland

Scholz gibt an chinesischer Universität Cannabis-Tipps

Das könnte Sie auch interessieren
Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

© Aleksandr | colourbox.de

Fatal verkannt

Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

© polkadot - stock.adobe.com

Vitamin-B12-Mangel

Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

B12-Mangel durch PPI & Metformin

© Pixel-Shot - stock.adobe.com

Achtung Vitamin-Falle

B12-Mangel durch PPI & Metformin

Stigmatisierung von Depressionen

© Getty Images/iStockphoto

Häufige Vorurteile

Stigmatisierung von Depressionen

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Kommunikation und Datenschutz

Neue Perspektiven für IT in der Praxis

Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“