Auffrischimpfungen

Neben Tetanus und Diphtherie auch Pertussis im Blick behalten

Alle 10 Jahre muss der Impfschutz gegen Tetanus und Diphtherie aufgefrischt werden. Dabei sollten Kombi-Impfstoffe genutzt werden – ggf. mit einer Pertussis-Komponente. Das gilt vor allem für Großeltern und Patienten mit COPD.

Dr. Michael HubertVon Dr. Michael Hubert Veröffentlicht:
Neben Tetanus und Diphtherie auch Pertussis im Blick behalten

© [M] Henrik Dolle / stock.adobe.com

Mit dem 18. Geburtstag beginnt nicht nur die Volljährigkeit, für Ärzte vereinfacht sich der Impfkalender für diese Patienten: Es soll alle 10 Jahre der Impfschutz gegen Tetanus und Diphtherie aufgefrischt werden, bei der nächsten Auffrischimpfung einmalig mit einem Kombi-Impfstoff mit Pertussis-Komponente (Tdap). Damit soll der Schutz der Bevölkerung gegen Keuchhusten erhöht und die Krankheitslast gesenkt werden.

Deutschland ist bei Keuchhusten Spitzenreiter

Hat Deutschland in der Corona-Pandemie im Vergleich zu anderen Ländern relativ gut abgeschnitten, sieht es bei anderen Infektionskrankheiten eher düster aus. Seit langem ist Deutschland führend bei Masern und ist auch bei Pertussis Spitzenreiter. So entfällt von den rund 36.000 Pertussis-Fällen, die von der ECDC 2018 erfasst worden sind, ein Drittel (rund 12.500) auf Deutschland (ECDC Surveillance Atlas of Infectious Diseases).

Nur jeder Zweite erhält Tetanus-/Diphtherie-Auffrischimpfung

Dabei scheint zumindest die Empfehlung, einmalig einen Tdap-Kombi-Impfstoff zu verwenden, mehrheitlich umgesetzt zu werden. Nach KV-Daten, die vom RKI ausgewertet wurden, hatten 53,9 Prozent der Erwachsenen in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren eine Tetanus-Impfung, 52,7 Prozent eine Diphtherie-Impfung und 43,7 Prozent eine Pertussis-Impfung erhalten (Epid Bull 50/2021). Dennoch tut sich hier insgesamt eine große Impflücke von rund 50 Prozent auf. Diese Lücke zu schließen, sollte im 3. Jahr der Pandemie verstärkt in den Fokus rücken.

Alle 10 Jahre auch gegen Pertussis impfen?

Österreich geht bei Pertussis schon länger einen anderen Weg. Statt der einmaligen Auffrischimpfung wird hier empfohlen, Erwachsene alle 10 Jahre mit einem Kombi-Impfstoff gegen Tetanus, Diphtherie und Pertussis zu impfen. Ab 60 Jahren soll sogar alle 5 Jahre eine Impfung gegen die drei Krankheiten erfolgen (Website des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz).

Pertussis-Schutz für Patienten mit COPD

Durch den neuen GOLD-Report 2021 wird der Pertussis-Impfschutz für Patienten mit COPD aufgewertet: Im Abschnitt Impfstoffe wird jetzt auf die Tdap-Impfung verwiesen (p46, im PDF p53). Darin empfiehlt die US-Seuchenbehörde CDC die Tdap-Impfung bei COPD-Patienten zum Schutz vor Pertussis, Tetanus und Diphtherie bei Personen, die im Jugendalter nicht geimpft wurden. Ebenfalls werden für COPD-Patienten die Impfungen gegen Influenza und Pneumokokken empfohlen. Diese Empfehlungen sind – wie bei der STIKO – altersunabhängig.

Neugeborene und Säuglinge vor Pertussis schützen

Lange Zeit verfolgte die STIKO zum Schutz von Neugeborenen vor Pertussis die sogenannte Kokon-Strategie: Das geimpfte Umfeld sollte die Neugeborenen vor Keuchhusten schützen. Seit dem Frühjahr 2020 wurde diese Strategie deutlich erweitert. Durch die Pertussis-Impfung der Schwangeren ab dem zweiten Trimenon soll das Neugeborene durch die maternalen Antikörper einen Nestschutz erhalten. Dieser überbrückt die Zeit, bis das Kind selbst aktiv geimpft werden kann (Epid Bull 13/2020).

Weiterhin soll das Umfeld gegen Pertussis geimpft werden. Umfeld ist hier weit gefasst: Neben Familienmitgliedern und Betreuern haben auch Personen, die zum engen Freundeskreis zählen, und dadurch Kontakt zum Neugeborenen haben, einen Leistungsanspruch auf eine Pertussis-Impfung (G-BA-Beschluss vom 14. Mai 2020).

Praxis-Tipp: Mit der Änderung der Schutzimpfungsrichtlinie darf seit August 2020 jeder Vertragsarzt zu Lasten der GKV impfen - unabhängig von der Facharztzugehörigkeit. Damit können Pädiater oder Gynäkologen werdende Mütter, deren Familienmitglieder und den engen Freundeskreis impfen und damit vor Pertussis schützen. Voraussetzung: Arzt oder KV haben eine Impfvereinbarung mit den regionalen Krankenkassenverbänden abgeschlossen.

Lesen sie auch
Mehr zum Thema

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Vor dem World Health Assembly

WHO-Pandemieabkommen noch lange nicht konsensfähig

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

NHANES-Analyse

Bei Hörminderung: Hörgeräteträger leben länger

Hauptstadtdiabetologinnen

Ein Netzwerk für Diabetologinnen

Lesetipps
Neue Hoffnung für Patienten mit Glioblastom: In zwei Pilotstudien mit zwei unterschiedlichen CAR-T-Zelltherapien blieb die Erkrankung bei einigen Patienten über mehrere Monate hinweg stabil. (Symbolbild)

© Richman Photo / stock.adobe.com

Stabile Erkrankung über sechs Monate

Erste Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien gegen Glioblastom

Die Empfehlungen zur Erstlinientherapie eines Pankreaskarzinoms wurden um den Wirkstoff NALIRIFOX erweitert.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert