Elf Länder beteiligt

Netzwerk für seltene Nierenkrankheiten

Ein Heidelberger Experte für angeborene Nierenerkrankungen bei Kindern koordiniert ein europaweites Forscher-Netzwerk mit 31 Partnern in elf Ländern. Die EU fördert das Projekt in den kommenden fünf Jahren mit insgesamt zwölf Millionen Euro.

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HEIDELBERG. Für die meisten angeborenen Nierenerkrankungen gibt es keine oder nur wenige auf Dauer wirksame Therapien. Dialyse und Transplantation sind deshalb bereits im Kindesalter meist unausweichlich.

Ein neues europaweites Forscher-Netzwerk (EURenOmics) hat sich zum Ziel gesetzt, die bisher kaum verstandenen molekularen Grundlagen der seltenen Nierenerkrankungen aufzuklären sowie Ansatzpunkte für Diagnostik und Therapie zu identifizieren, teilt das Uniklinikum Heidelberg mit.

Koordinator der 31 Projektpartner aus elf Ländern sei Professor Franz Schaefer, Leiter der Sektion Pädiatrische Nephrologie am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Heidelberg.

Die Europäische Union fördert das Projekt in den kommenden fünf Jahren mit insgesamt 12 Millionen Euro.

Zentrale Patientenregister verschaffen Überblick

Mehr als 200 seltene Nierenerkrankungen sind derzeit bekannt. Aus diesen hätten die Wissenschaftler von EURenOmics Krankheitsbilder mit dringendem Handlungsbedarf ausgewählt, heißt es in der Mitteilung der Uniklinik Heidelberg.

Dazu gehören zum Beispiel das behandlungsresistente nephrotische Syndrom, das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) sowie verschiedene angeborene Funktionsstörungen und Fehlbildungen der Nieren.

Diese Erkrankungen werden europaweit jährlich bei rund 33.000 Menschen, meist im frühen Kindesalter, diagnostiziert.

"Fast alle Kinder und Jugendlichen sowie rund ein Fünftel der Erwachsenen, die in Europa auf Dialyse oder Nierentransplantation angewiesen sind, leiden an einer seltenen angeborenen Nierenerkrankung", wird Schaefer zitiert.

Patientendaten aus 25 Einzelregistern werden zusammengeführt

Über die meisten seltenen Nierenerkrankungen ist relativ wenig bekannt - von den molekularen Ursachen, möglichen Untergruppen und deren typischen Verlauf bis hin zu den im Einzelfall besser oder schlechter geeigneten Therapien.

Darüber hinaus fehlen auch geeignete Tiermodelle, um die Erkrankungen und mögliche Therapieansätze weiter zu erforschen. Das wollen die Projektpartner in den kommenden fünf Jahren ändern.

Neben der Grundlagenforschung zu genetischen Defekten und Störungen in den molekularen Signalwegen der Nierenzellen führen sie Patientendaten aus 25 Einzelregistern zu den verschiedenen Erkrankungen zusammen.

Ihnen stehen damit detaillierte Beschreibungen der Krankheitsbilder von mehr als 12.000 Patienten aus ganz Europa, dazu genetische Daten, Urin-, Blut- und Gewebeproben zur Verfügung. Jährlich kommen rund 1500 weitere Datensätze dazu.

Molekulare Marker plus klinischen Datenbanken: leichtere Therapiewahl

Die Arbeitsgruppe in Heidelberg erstellt derzeit eine Datenbank, in der sämtliche klinischen Befunde wie Symptome, Gewebeveränderungen, Krankheitsverlauf und Therapieansprechen der registrieren Patienten eingepflegt und einheitlich aufgearbeitet werden.

"Damit können wir erstmals Vergleiche ziehen und zum Beispiel Untergruppen innerhalb der Krankheitsbilder oder Gemeinsamkeiten zwischen einzelnen Erkrankungen identifizieren", wird der Kinder-Nephrologe zitiert.

In Kombination mit den genetischen Daten hoffen die Wissenschaftler, bestimmte Marker und charakteristische Merkmale zu finden, die eine genaue Einteilung des individuellen Krankheitsbildes, -verlaufs sowie die Vorhersage des Therapieansprechens erlauben.

Vorbild ist das Portal www.podonet.org

Vorbild der neuen Datenbank sei das Internet-Portal www.podonet.org, das 2009 an der Sektion für Pädiatrische Nephrologie von Professor Schaefer ins Leben gerufen wurde, berichtet das Uniklinikum Heidelberg.

Hier werden im Rahmen eines von Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und EU geförderten Verbundprojektes genetische und klinische Daten zum steroidresistenten nephrotischen Syndrom zusammengeführt.

"Diese Informationen können im Moment immerhin dazu beitragen, Kindern unwirksame und belastende Therapien zum Beispiel eine intensive Behandlung mit Kortison zu ersparen; in Zukunft helfen sie hoffentlich dabei, die passende Therapie auszuwählen", so Schaefer. (eb)

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