Schwarze Haarzunge - unschön, aber gutartig

ESSEN (ner). Die schwarze Haarzunge (Lingua villosa nigra) ist zwar kosmetisch störend, aber harmlos. Los werden die Betroffenen den schwarzen Belag durch geduldiges Abwarten oder indem man potentiell auslösende Faktoren meidet.

Veröffentlicht:

Obwohl sie seit dem Mittelalter bekannt ist, weiß man bis heute nicht genau, wie und warum die schwarze Haarzunge entsteht. Es handelt sich um dicht stehende, fadenförmige Hyperkeratosen im mittleren bis hinteren Zungendrittel. Die normalerweise nur einen Millimeter großen filiformen Papillen der Zungenoberfläche werden bei diesen Patienten bis zu 15 Millimeter groß.

Vorwiegend männliche Raucher bekommen die schwarze Zunge

Das berichten Privatdozent Joachim Dissemond und seine Kollegen von der Hautklinik an der Universität Essen (Hautnah Dermatologie 3, 2006, 133).

Beschwerden treten nach ihren Angaben meist nicht auf, allenfalls Geschmacksveränderungen oder ein diskreter Juckreiz. Von einer Lingua villosa nigra betroffen sind überwiegend männliche Raucher. Die Prävalenz liegt nach den Daten aus der wissenschaftlichen Literatur zwischen 0,15 und drei Prozent. In der Gruppe der Krebspatienten soll jeder fünfte eine schwarze Haarzunge haben.

Pigmentbildende Bakterien besiedeln die Zungenpapillen

Offenbar bestehe ein Zusammenhang zwischen dieser Störung und einer medikamentösen oder krankheitsbedingten Immunsuppression, so die Essener Dermatologen.

Ein anderer Erklärungsansatz für das Phänomen ist, daß bestimmte Voraussetzungen die Ansiedlung pigmentbildender Mikroorganismen in den Zungenpapillen begünstigen.

So könnte die eingeschränkte Zungenbewegung bei bestimmten Krankheiten die regelmäßige Abstoßung der oberen Hornschicht der Zungenhaut (Desquamation) vermindern. Das hat zur Folge, daß Mikroorganismen und Nahrungsmittel länger als üblich auf der Zungenoberfläche haften bleiben.

Nach Angaben von Dissemond ist das zum Beispiel bei neurologischen Störungen der Fall, bei Tumoren wie dem Plattenepithel-Karzinom oder bei anatomischen Besonderheiten wie einem verkürzten Zungenbändchen. Ein weiterer Faktor könnte das Alter sein, da auch dann möglicherweise die Zungenbeweglichkeit reduziert ist. Außerdem kommen als Ursachen für das Auftreten der schwarzen Haarzunge in Betracht:

  • ungenügende Mundhygiene;
  • Medikamente, zum Beispiel Antibiotika, Antimykotika, Glukokortikoide, Antazida oder Phenothiazine;
  • chemische Reizstoffe, etwa Mundwasser oder Desinfektionsmittel;
  • Vitamindefizite, darunter ein Mangel an Vitamin B.

Erkläre man den Patienten den Zusammenhang, äußerten sie meist nicht den Wunsch nach einer Therapie, so die Erfahrung, die Dissemond und seine Kollegen gemacht haben.

Dennoch sollten stets auslösende Faktoren gesucht und möglichst beseitigt werden. Dazu gehören etwa das Rauchen oder unzureichende Mund- und Zahnpflege. Weiterhin können die Patienten versuchen, die obere Hautschicht abzutragen, indem sie mehrmals täglich einige Wochen lang mit einer weichen Zahnbürste darüberputzen.

Behandlungen mit topischen Applikationen verschiedener Mittel sind problematisch - Lösungen wie Tretinoin oder Wasserstoffperoxid sollen möglichst lange auf den verfärbten Arealen bleiben, aber sie dürfen nicht heruntergeschluckt werden. Bei therapierefraktären Patienten könne sogar erwogen werden, die Papillen chirurgisch abzutragen oder sie mit systemischen Retinoiden zu behandeln, schlagen die Dermatologen vor.

Der Verlauf der Störung ist nicht vorhersehbar: Die schwarze Haarzunge kann über mehrere Jahre bestehen bleiben. Sie kann sich aber auch nach kurzer Zeit spontan zurückbilden oder rezidivierend immer wieder auftreten.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Internationales Konsensus-Statement

VEXAS-Syndrom: Fünf Jahre Forschung trägt erste Früchte

Neue S3-Leitlinie veröffentlicht

Lichen sclerosus erkennen und leitliniengerecht therapieren

Das könnte Sie auch interessieren
Alarmierender Anstieg: Hautpilz aus dem Barbershop

© David Pereiras | iStock (Symboldbild mit Fotomodell)

Dermatomykosen

Alarmierender Anstieg: Hautpilz aus dem Barbershop

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Effektive Therapie von Nagelpilz: Canesten® EXTRA Nagelset

© Irina Tiumentseva | iStock

Onychomykosen

Effektive Therapie von Nagelpilz: Canesten® EXTRA Nagelset

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Symptome, Ursachen und Therapie

© Evgeniya Markina | iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Trockene Augen

Symptome, Ursachen und Therapie

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Arzneimittelbasierte Wundsalben

© AndreyPopov | iStock

Optimale Wundheilung

Arzneimittelbasierte Wundsalben

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Erhöhtes Risiko für immunvermittelte Hautkrankheiten

© supawat bursuk | iStock

Übergewicht bei Kindern

Erhöhtes Risiko für immunvermittelte Hautkrankheiten

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Schematische Wirkprinzipien verschiedener immuntherapeutischer Ansätze beim Multiplen Myelom

© Johnson & Johnson

Therapie des Multiplen Myeloms

Ebnet die Präzisionsmedizin den Weg zur funktionellen Heilung dieser Neoplasie?

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Janssen-Cilag GmbH, Neuss
Abb. 1: sPGA-Ansprechen über zwei Jahre

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [1]

Psoriasis-Therapie bei Kindern und Erwachsenen

PDE-4-Hemmer: erste orale Systemtherapie für Kinder − auch bei besonderen Manifestationen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Amgen GmbH, München
Abb. 1: Weniger als 50% der Systemtherapie-geeigneten Patientinnen und Patienten werden auch eine Systemtherapie beginnen

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [15]

Atopische Dermatitis

Optimale Krankheitskontrolle mit der richtigen Behandlung für höhere Patientenzufriedenheit

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: AbbVie Deutschland GmbH und Co. KG, Wiesbaden
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Arzt untersuch das Knie eines Patienten

© gilaxia / Getty Images / iStock

Interview mit Leitlinien-Koordinator

Gonarthrose-Therapie: „Nur wenige Maßnahmen wirken“

Für die Einarbeitung sollten Neulinge eine feste Ansprechpartnerin im Team haben. (Motiv mit Fotomodellen)

© Manu Reyes / Stock.adobe.com

Willkommenskultur

Neu im Team? Was Praxen beim Onboarding beachten sollten