Resistente Keime

Tausenden Patienten hilft kein Medikament

Bis zu 25.000 Todesfälle werden jährlich in Europa auf Bakterien zurückgeführt, die gegen eines oder mehrere Antibiotika resistent sind. Gegen manche Keime wirkt inzwischen gar nichts mehr.

Von Verena Schmitt-Roschmann Veröffentlicht:
Falls die Immunabwehr schwächelt, helfen Antibiotika. Doch es gibt immer mehr resistente Erreger.

Falls die Immunabwehr schwächelt, helfen Antibiotika. Doch es gibt immer mehr resistente Erreger.

© psdesign1 / Fotolia

BRÜSSEL. Immer häufiger gibt es gegen multiresistente Bakterien kein einziges wirksames Medikament mehr. Zum Beispiel ist der Anteil von Patienten mit dem Atemwegs-Keim Klebsiella pneumoniae, denen auch Reserve-Antibiotika wie die Carbapeneme nicht helfen, in Europa binnen vier Jahren von 6,2 auf 8,1 Prozent gewachsen, berichtete das Europäische Präventionszentrum ECDC am Freitag in Brüssel.

Gefährliche Resistenzen nehmen demnach generell weiter zu. Doch es gebe auch positive Trends, sagte die amtierende ECDC-Direktorin Dr. Andrea Ammon der Nachrichten-Agentur "dpa".

Fast jeder Zehnte quasi nicht mehr behandelbar

"Acht Prozent bedeutet, dass von 100 Patienten acht praktisch nicht mehr behandelbar sind", sagte Ammon. "Und das sind einfach acht zu viel." Im Jahr 2015 seien europaweit rund 9100 Patienten betroffen gewesen. Sie seien nicht "in jedem Fall dem Tod geweiht". Doch steige das Risiko, und Ärzte hätten praktisch keine Optionen zur Behandlung.

Noch sind dies nach den Daten des ECDC seltene Extremfälle. Doch waren 2015 bereits mehr als ein Drittel der untersuchten Klebsiella-pneumoniae-Keime gegen mindestens ein Antibiotikum resistent. Das heißt, dass Ärzte zumindest Alternativen suchen mussten.

Einen ähnlichen Trend meldet das Präventionszentrum für das Bakterium Escherichia coli, einen der häufigsten Verursacher von systemischen Infektionen beim Menschen. Es gebe eine erhebliche Zunahme von Fällen, in denen das Bakterium gegen einzelne oder auch gegen eine Kombination von modernen Antibiotika resistent sei.

Umkehrbarer Trend

Anders sieht es bei den seit Jahren mit großer Sorge betrachteten multiresistenten Staphylococcus aureus MRSA aus: Sie wurden 2015 europaweit deutlich seltener festgestellt als noch 2012.

Viele Länder hätten gezielt Maßnahmen ergriffen und Erfolg gehabt, sagte Ammon. "Daran kann man sehen, dass es möglich ist, einen solchen Trend nicht nur zu stoppen, sondern auch umzukehren. Das heißt, es besteht überhaupt kein Anlass zu verzweifeln."

In Europa laufen seit Jahren Kampagnen, um die Ausbreitung resistenter Keime einzudämmen. Ein Grund für die Resistenzen ist ja der falsche Einsatz von Antibiotika: Sie werden zu häufig in falscher Indikation verordnet oder auch nicht richtig eingenommen.

Patienten müssen isoliert werden

Bakterien können sich in der Folge an Antibiotika anpassen. Sind sie gegen mehrere antibakterielle Medikamente gewappnet, kann es für Patienten gefährlich werden. Experten führen bis zu 25.000 Todesfälle in Europa jährlich auf Resistenzen zurück.

Gegenmaßnahmen setzen nach Ammons Worten auf verschiedenen Ebenen an. Antibiotika sollten nur verschrieben werden, wenn es nötig ist. Krankenhäuser müssen streng auf Hygiene achten und Patienten mit resistenten Keimen von anderen Kranken isolieren. Das Bewusstsein "ist gewachsen, aber es reicht noch nicht", so Ammon.

Anlass der Veröffentlichung war der neunte Europäischer Antibiotikatag (European Antibiotic Awareness Day) am 18. November. (dpa)

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