Epilepsie

Tödliche Infektionen

Kinder mit Epilepsie haben ein deutlich erhöhtes Sterberisiko. Diese Übersterblichkeit trifft vor allem Kinder mit komplizierten Erkrankungsformen. Das Problem sind offenbar Infektionen.

Dr. Robert BublakVon Dr. Robert Bublak Veröffentlicht:
Epilepsie: Der Komplexitätsgrad verändert die Prognose.

Epilepsie: Der Komplexitätsgrad verändert die Prognose.

© photos.com / Getty Images

CHICAGO. Ein Team von Neuropädiatern aus den USA, den Niederlanden und Kanada hat anhand von vier Studien mit rund 2200 Kindern und einem Follow-up von mehr als 30.000 Personenjahren die Mortalitätsrate von Kindern und jungen Erwachsenen nach einer Epilepsiediagnose analysiert.

Alle Probanden waren im Alter von höchstens 17 Jahren erkrankt. Im Fokus standen besonders die anfallsbezogene Mortalität und speziell das Risiko unerwarteter plötzlicher Todesfälle (sudden unexpected death in epilepsy, SUDEP).

Im Follow-up-Zeitraum starben 79 Studienteilnehmer. Tatsächlich lag das Sterberisiko der Epilepsiepatienten, auf die ersten 29 Lebensjahre gerechnet, bei 228/100.000 Personenjahren und damit deutlich höher als die allgemeine Mortalität in dieser Altersgruppe (z. B. USA: 50/100.000; Kanada: 34/100.000; Niederlande: 26/100.000) (Pediatrics 2013; 132: 124-31).

Oft Pneumonie als Todesursache

Ein großer Anteil der Übersterblichkeit ging allerdings zu Lasten von Probanden mit komplizierten Epilepsieformen, also von Patienten mit strukturellen Hirnläsionen, intellektuellen Einschränkungen oder pathologischen Befunden bei der neurologischen Untersuchung.

In dieser Gruppe erreichte die Mortalitätsrate 743/100.000. Bei unkomplizierter Epilepsie erreichte der Wert 36/100.000.

Ein Großteil der Übersterblichkeit ging nicht auf die Anfallskrankheit, sondern auf andere natürliche Ursachen zurück (159/100.000 allgemein, 561/100.000 bei komplizierter, 9/100.000 bei unkomplizierter Epilepsie). 70 Prozent dieser Fälle entfielen auf Pneumonien.

Die anfallsbezogene Mortalität erreichte eine Rate von 43/100.000, mit einem SUDEP-Anteil von 50-80 Prozent. Auch dieses Risiko lag bei den komplizierten Formen mit 122/100.000 am höchsten.

Für die unkomplizierten Formen errechneten die Forscher einen Wert von 14/100.000. Das liegt in der Größenordnung des allgemeinen Risikos in dieser Altersgruppe, bei einem Unfall getötet zu werden.

Infos für Gespräche mit betroffenen Familien

"Die Mortalität im Vergleich zu jener in der Allgemeinpopulation ist bei komplizierter, nicht aber bei unkomplizierter Epilepsie signifikant erhöht", schreiben die Wissenschaftler.

Sie hoffen, dass die nun vorliegenden Zahlen es erleichtern, mit den Patienten und Familien über das Sterberisiko im Zusammenhang mit der Epilepsie zu sprechen.

Andererseits könne das Verständnis dafür gefördert werden, wie wichtig guter und ausreichender Schlaf, gesunde Ernährung, Therapietreue sowie der Verzicht auf Drogen und Alkoholexzesse zur Anfallsprävention seien.

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

„ÄrzteTag“-Podcast

Was steckt hinter dem Alice-im-Wunderland-Syndrom, Dr. Jürgens?

Stabile Erkrankung über sechs Monate

Erste Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien gegen Glioblastom

Lesetipps
Die Empfehlungen zur Erstlinientherapie eines Pankreaskarzinoms wurden um den Wirkstoff NALIRIFOX erweitert.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken