Bildgebung

Überdiagnostik bei Rückenschmerzen vermeiden!

Aufwendige diagnostische Maßnahmen sollten bei Rückenschmerzen in der Regel vermieden werden, erinnern Experten.

Veröffentlicht:

BERLIN. Bei Rückenschmerzpatienten findet oft teure Überdiagnostik statt, betonen Forscher um Professor Rachelle Buchbinder von der Monash University in Melbourne (Lancet 2018; online 21. März).

Patienten würden zu umfassend gerätetechnisch untersucht. Dem schließt sich auch die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) an und rät bei nichtspezifischem Kreuzschmerz unter sechs Wochen und ohne Warnzeichen von bildgebender Diagnostik ab.

Spezifische Erkrankungen der Wirbelsäule wie Wirbelkörperbrüche, Tumoren, Infektionen oder entzündlich rheumatische Erkrankungen sind eher selten Ursache von Rückenschmerzen, erinnert die DGRh. Nach wie vor würden bisweilen rheumatisch-entzündliche Krankheiten nicht rechtzeitig diagnostiziert.

Das gelte auch für die häufigste entzündlich rheumatische Erkrankung der Wirbelsäule, die axiale Spondyloarthritis (Morbus Bechterew) – Grund für etwa fünf Prozent der Fälle von chronischem Rückenschmerz.

"Wenn der Allgemeinarzt Verdacht auf eine spezifische Ursache für Rückenschmerzen hat, sollte er den Patienten an einen Rheumatologen überweisen" wird Studienautor Professor Joachim Sieper in der Mitteilung zitiert. Seine klare Empfehlung: "Aufwendige diagnostische Maßnahmen sollten in der Regel vermieden werden."

Die Beschwerden besserten sich oft schon durch Beratung oder physikalische Therapie. Auch sollten Patienten aktiv bleiben und ihrer Arbeit weiterhin nachgehen. (eb)

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 28.03.201816:50 Uhr

Lückenhafte Primär- und Sekundärversorgung beim unspezifischen unteren Rückenschmerz!

"Low back pain: a call for action" von Prof. Rachelle Buchbinder/AUS et al.
http://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(18)30488-4/fulltext
reiht sich ein in eine LANCET-Trilogie mit Publikationen über spezifischen und unspezifischen unteren Rückenschmerz. Hinzu kommen: "What low back pain is and why we need to pay attention" von Prof. Jan Hartvigsen et al. (Co-Autor Prof. Joachim Sieper)
http://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(18)30480-X/fulltext
und
"Prevention and treatment of low back pain: evidence, challenges, and promising directions" von Prof. Nadine E Foster et al.
http://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(18)30489-6/fulltext

Doch die Warnungen vor bildgebenden, radiologischen Verfahren, um Überdiagnostik bei Rückenschmerzen zu vermeiden und allzu aufwendige diagnostische Maßnahmen bei unspezifischen Rückenschmerzen zu unterlassen, richten sich vor allem an die Experten und sind die Experten-Schelte schlechthin.

Denn sobald man die Elfenbeintürme orthopädisch-universitärer Orthopädie und Rheumatologie verlässt, ist es einfach Unfug zu behaupten: "Spezifische Erkrankungen der Wirbelsäule wie Wirbelkörperbrüche, Tumoren, Infektionen oder entzündlich rheumatische Erkrankungen sind eher selten Ursache von Rückenschmerzen, wie die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) erinnert", wenn zugleich rheumatisch-entzündliche Krankheiten oft viel zu spät diagnostiziert werden. Denn es geht um Ausschluss gefährlich abwendbarer Krankheitsverläufe bzw. die "red-flag"-Warnzeichen.

Und der Hinweis: "Wenn der Allgemeinarzt Verdacht auf eine spezifische Ursache für Rückenschmerzen hat, sollte er den Patienten an einen Rheumatologen überweisen" von Professor Joachim Sieper erweist sich mit der gleichzeitigen Empfehlung: "Aufwendige diagnostische Maßnahmen sollten in der Regel vermieden werden" als völlig unglaubwürdig. Denn gerade dort, beim Facharzt für Rheumatologie oder beim orthopädischen Spezialisten wird doch die vorher geschmähte Maximaldiagnostik umso intensiver bis zum Anschlag betrieben!

Nein es geht um die lückenhafte Primär- und Sekundärversorgung bzw. das Nicht-Ernst-Nehmen beim unspezifischen unteren Rückenschmerz:

Keine Zeit/Motivation für

- Rücken-Inspektion, -Palpation, -Mobilisation, -Funktionsprüfung
- Fußdeformitäten, -Fehlstellungen, -Fehlbelastungen
- Becken-, Schultergerad- oder Schiefstand, Beinverkürzung
- segmentaler Klopfschmerz, neurologischer Status
- trophische Störungen, Muskulaturentwicklung
- bio-psycho-soziale Belastungen
- Krankheitsbewältigung ("coping"), Ergo- und Physiotherapie

Das sind die springenden Punkte!

Mf + kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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