Hüftfrakturen

Unfallchirurgen und Geriater: Ein erfolgreiches Duo

Die Auswertung von 58.000 Datensätzen zu Fragilitätsfrakturen wirft ein gutes Licht auf die Zusammenarbeit von Chirurgen und Geriatern.

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Die Sterblichkeit nach einer Hüftfraktur ist noch immer recht hoch. Die gemeinsame Betreuung von Unfallchirurgen und Geriater senkt das Risiko.

Die Sterblichkeit nach einer Hüftfraktur ist noch immer recht hoch. Die gemeinsame Betreuung von Unfallchirurgen und Geriater senkt das Risiko.

© Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart

Ulm. Eine möglichst schnelle Mobilisierung und die Betreuung durch ein interdisziplinäres Team aus Unfallchirurgen und Geriatern ist bei Hüftfrakturen mit niedrigeren Mortalitätsraten assoziiert. Die Mortalität-Rate in den ersten 30 Tagen betrug mit orthogeriatrischem Co-Management 10,3 Prozent. Ohne diese Zusammenarbeit lag sie bei 13,4 Prozent.

Zu diesem Schluss kommen Forscher der Universität Ulm nach der Auswertung einer Studie über Versorgungsmodelle, bei denen die Betreuung von Patienten mit Fragilitätsfrakturen teilweise gemeinsam durch Unfallchirurgen und Geriater erfolgte. Dazu haben sie die Daten von rund 58.000 Patienten mit Hüftfrakturen ausgewertet. Die Ergebnisse wurden im Deutschen Ärzteblatt (2020; 117: 53-9) veröffentlicht

Rasche Mobilisierung ist die Kernmaßnahme

„Wir wissen aus anderen Ländern, dass sich die Zusammenarbeit von Chirurgie und Geriatrie bei der Versorgung von älteren Betroffenen günstig auswirkt. Daten aus Deutschland waren dazu aber nicht vorhanden“, wird Professor Kilian Rapp, stellvertretender Forschungsleiter am Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart, in einer Mitteilung der Uni Ulm zur Veröffentlichung der Studie zitiert.

Beim Co-Management behandeln Unfallchirurgen und Geriater Fragilitätsfrakturen gemeinsam. Kernkomponente der Therapie ist es, die Patienten möglichst rasch zu mobilisieren. Unter der Leitung eines Geriaters arbeitet im Krankenhaus ein multidisziplinäres Team aus Physio- und Ergotherapie, speziell weitergebildeten Pflegekräften sowie Sozialarbeitern und weiteren Experten zusammen.

AOK-Daten ausgewertet

Den Forschern lagen die Daten der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) vor. Die Krankenkassen-Daten erlaubten auch Aussagen über einen vorliegenden Pflegegrad oder einen Aufenthalt im Pflegeheim. In der Studie konnten die Wissenschaftler so auf einen recht großen Datensatz zurückgreifen, der fast die Hälfte der in Deutschland innerhalb eines Jahres vorkommenden Hüftfrakturen umfasst.

Ergebnis ihrer Analyse: Vor allem in den ersten 30 Tagen nach der Aufnahme war die relative Mortalitätsrate bei Co-Management geringer. „Aus den Zahlen können wir abschätzen, dass durch orthogeriatrisches Co-Management etwa 30 Todesfälle pro 1000 Hüftfrakturen vermieden werden“, erklärt Professor Dietrich Rothenbacher, Leiter des Instituts für Epidemiologie und Medizinische Biometrie der Universität Ulm, in der Mitteilung.

Wie ist der Erfolg zu erklären?

Dabei war die Aufenthaltsdauer der Betroffenen in Krankenhäuser mit orthogeriatrischem Co-Management zwar länger als ohne (19,8 Tage im Vergleich zu 14,4 Tagen). Dieser Wert relativierte sich aber wieder, wenn die Gesamtbehandlungsdauer berücksichtigt wurde. Insgesamt wurden Patienten mit Hüftfrakturen im orthogeriatrischem Co-Management im Durchschnitt lediglich zwei Tage länger behandelt.

Worauf ist der Erfolg des Co-Managements zurückzuführen? In Krankenhäusern ohne interdisziplinäres Team könnte sich die Behandlung akuter medizinischer Probleme verzögern, etwa wenn der zuständige Unfallchirurg im OP gebunden ist, vermuten die Studienautoren.

Die meisten medizinischen Probleme bei Patienten in dieser Altersgruppe seien geriatrischer Natur und daher besser bei Geriatern aufgehoben. Und: Die Verfügbarkeit eines multidisziplinären Teams mit Erfahrung bezüglich evidenzbasierter Verfahren, spezifischer geriatrischer Interventionen und der Möglichkeit, eine frühe Mobilisation zu fordern, sei vermutlich eine weitere Ursache für einen postoperativen Überlebensvorteil. (sro)

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