Essstörungen

Wenn die Angst vorm Dickwerden zuschlägt

Knapp zwölf Prozent der weiblichen Teenager fürchten sich, dick zu werden. Ärzte sollten bei solchen jungen Patientinnen aufhorchen: Denn solche Ängste sind Frühindikatoren für spätere Essstörungen - und sogar Übergewicht.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Zu dick? Solche Ängste können in jungen Jahren zu Essstörungen führen.

Zu dick? Solche Ängste können in jungen Jahren zu Essstörungen führen.

© Xenia-Luise / fotolia.com

LONDON. In der Regel werden Essstörungen erst im Alter ab 15 Jahren manifest, vieles spricht aber dafür, dass solche Störungen schon wesentlich früher beginnen.

Ließen sich Kinder in der Prodromalphase bereits zuverlässig erkennen, könnten Präventionsstrategien schon greifen, bevor es zu ausgeprägten Erkrankungen und Übergewicht kommt, berichten Pädiater um Nadia Micali von der Universität in London.

Die britischen Forscher haben nun bei 13-jährigen Teilnehmern der Avon Longitudinal Study of Parents and Children (ALSPAC) ausführlich nach ersten Zeichen von Essstörungen gesucht und geschaut, wie sich die Kinder im Laufe der folgenden zwei Jahre entwickelten (J Adolescent Health 2013, online 17. Dezember).

Gefragt wurden vorwiegend die Eltern von über 7000 Teenies, ob sich ihre Kinder Sorgen ums Gewicht machen, Angst haben, dick zu werden, fettreiche Nahrung meiden, fasten oder Diäten machen, Sport treiben, um abzunehmen, oder bereits von Essattacken heimgesucht werden.

Antworten konnten sie mit "nein/nie", "selten/wenig" oder "viel/stark". Die Hälfte der Angaben bezog sich auf Mädchen.

Essattacken sind mit 13 Jahren noch selten

Wie sich herausstellte, hatten bereits knapp zwölf Prozent der Mädchen zu Beginn der Studie eine stark ausgeprägte Angst, dick zu werden. Bei den Jungs waren es lediglich knapp fünf Prozent.

Etwa fünf Prozent der Mädchen und halb so viele Jungen waren mit ihrem Gewicht und ihrer Figur stark unzufrieden, und immerhin 2,4 Prozent der Mädchen und 1,8 Prozent der Jungen zeigten schon deutlich ausgeprägte Nahrungs-Vermeidungsstrategien.

Knapp fünf Prozent der Mädchen und vier Prozent der Jungen trieben Sport mit dem Ziel abzunehmen. Wöchentliche Essattacken waren hingegen noch recht selten und ließen sich bei weniger als einem Prozent feststellen.

Häufig traten mehrere Faktoren zugleich auf: So hatten die wenigen Kinder mit Essattacken in der Regel auch Gewichtsängste und versuchten es gehäuft mit Fasten, auch hatten solche Kinder öfter Verhaltensstörungen und emotionale Probleme, unter denen auch ihr Umfeld litt.

Dagegen zeigten Teenager mit ausgeprägten Gewichts- und Figurängsten noch keine übermäßigen emotionalen Auffälligkeiten oder Verhaltensstörungen, wenngleich sich auch hier die Eltern oft starke Sorgen um das Wohlergehen des Nachwuchses machten.

Probleme nach zwei Jahren oft verschärft

Zwei Jahre später hatten sich die familiären Probleme oft verschärft, vor allem bei den Kindern mit ersten Zeichen einer Bulimie. Diese Kinder hatten auch überproportional beim Gewicht zugelegt.

Am stärksten hatten jedoch diejenigen Kinder an Gewicht gewonnen, die sich mit 13 Jahren am meisten Sorgen um ihr Gewicht und ihr Aussehen gemacht hatten - offenbar waren ihre Befürchtungen also berechtigt gewesen.

Umgekehrt war der altersadjustierte BMI bei denjenigen Teenagern gesunken, die mit 13 Jahren bereits ausgiebig Abspeckversuche unternommen hatten. Bei den Jungen hatten vorwiegend solche ihren BMI reduziert, die zuvor tatsächlich zu dick waren - dies scheint auf ein gesundes Verhalten zu deuten.

Die dünner gewordenen Mädchen waren zuvor aber meist nicht zu dick - hier gehen die Studienautoren eher von einem gestörten Essverhalten aus, das auf eine beginnende Anorexie deutet.

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