Werden Spezialärzte zur Dauerbaustelle?
Ein dritter Sektor für schwerkranke Patienten: Ärzte hoffen auf eine bessere Versorgung etwa bei Krebs. Doch Experten warnen vor einer Dauerbaustelle - bislang fehlen die Spielregeln.
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Krebskongress: Bringen Spezialärzte mehr Qualität in die Versorgung?
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BERLIN (sun). Bei schweren Krebserkrankungen sind künftig die Spezialärzte gefragt. Die AOK Rheinland/Hamburg hat jetzt diese neue dritte Säule in der Versorgung scharf kritisiert.
Sie schaffe wahrscheinlich nicht im ausreichenden Maße die angestrebte Qualität für die Behandlung krebskranker Menschen.
"Es wird eher nach der Melodie laufen: Wer anbietet, der darf auch", sagte Wilfried Jacobs, Chef der AOK Rheinland/Hamburg während des Deutschen Krebskongresses 2012 in Berlin.
Dabei sei die Idee, die hinter der dritten Säule stehe, richtig: Nämlich die Qualität in der Versorgung zu fördern und schwer kranke Krebspatienten zu dem Arzt zu schicken, der ihn am besten behandeln könne. Patienten hingegen sei der Status ihres Arztes meist egal, Hauptsache er sei gut.
Auch Professor Gerd Glaeske vom Institut für Sozialpolitik der Universität Bremen forderte, die Etablierung des neuen Versorgungssektors mit umfassender Evaluation zu begleiten.
Dauerbaustelle erwartet
Die ambulante spezialfachärztliche Versorgung ist ein Kernstück des Versorgungsstrukturgesetzes, das zum 1. Januar 2012 in Kraft getreten ist. Experten rechnen mit einer Dauerbaustelle.
Die Selbstverwaltung werde zunächst damit beschäftigt sein, die Spielregeln für den Sektor zu formulieren, sagte Rebecca Jahn von der Universität Duisburg-Essen.
Dafür hat der Gemeinsame Bundesausschuss zwölf Monate Zeit. Bis dahin müsse geklärt werden, welche Qualifikationen Ärzte für die Teilnahme im dritten Sektor brauchen, so Jahn.
Aber auch die "schwere Verlaufsform" einer Erkrankung müsse definiert werden. Vor allem müsse aber festgelegt werden, dass die extrabudgetäre Versorgung nicht zulasten der Grundversorgung gehe.
Neuer Sektor eine Chance für Ärzte und Patienten
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sieht den neuen Sektor als Chance – sowohl für Ärzte als auch für Patienten. Es sei nicht zu erwarten, dass die Qualität der Versorgung gemindert werde, sagte KBV-Sprecher Roland Stahl.
Im Gegenteil: Die Zugangsvoraussetzungen würden von der gemeinsamen Selbstverwaltung geprüft. Durch den neuen Sektor habe der Arzt sogar die Möglichkeit sich intensiver um den Patienten zu kümmern.