Typ-2-Diabetes

Wie das Hirn den Stoffwechsel steuert

Im Fokus von Forschungen zur Entstehung von Adipositas und Typ-2-Diabetes stehen heute Hirnsignale zur Stoffwechselsteuerung. Daten dazu werden beim Diabetes-Kongress vorgestellt.

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BERLIN. Der Signalaustausch zwischen Gehirn und den an Zucker- und Energiestoffwechsel beteiligten Organen im Körper wird intensiv erforscht. Davon erhofft man sich Ansätze für personalisierte Therapien, wie Professor Matthias Tschöp im Vorfeld des Diabetes-Kongresses 2014 berichtet hat.

Bei der Tagung wird er über den Themenschwerpunkt Gehirn und Glukosestoffwechsel berichten, heißt es in einer Mitteilung der Deutschen Diabetes Gesellschaft.

Der Forscher und sein Team am Münchner Helmholtz-Diabeteszentrum und an der TU München entwickeln gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD) personalisierte Therapieansätze für Patienten mit Diabetes mellitus: "In den letzten Jahren haben wir gelernt, dass ähnlich wie bei Alzheimer oder Parkinson auch bei Typ-2-Diabetes und Fettsucht das Gehirn eine bisher unterschätzte Rolle spielt", betont Tschöp.

"Deswegen entwickeln wir unter anderem neue Präventions- und Therapieansätze, die Gehirnsignale mit einbeziehen."

Das menschliche Gehirn empfängt laufend Hormon- und Nervensignale von allen Organen, die an Zucker- und Energiestoffwechsel beteiligt sind - dadurch werden Steuerzentralen im Gehirn zum Beispiel darüber informiert, wieviele Kalorien vorhanden sind.

Gleichzeitig senden diese zentralen Steuernetzwerke, die sich überwiegend im Hypothalamus befinden, kontinuierlich Informationen an alle stoffwechselaktiven Zellen des Körpers, um ein optimales Gleichgewicht aufrechtzuerhalten.

Fett- und zuckerreiche Ernährung sowie mangelnde Bewegung verursachen vor allem bei genetischer Vorbelastung Störungen, bei denen aufgrund von Entzündungsprozessen das Gehirn auf wichtige Hormonsignale wie Leptin oder Insulin nicht mehr reagiert.

Ändern die Betroffenen ihre Lebens- und Ernährungsgewohnheiten nicht, entsteht ein Teufelskreis, der nicht nur zu einem Versagen der Bauchspeicheldrüse führt, sondern auch die Stoffwechselkontrollfunktion des Gehirns weitgehend zerstört. "Eine Therapie, die bei vielen Patienten erstaunlich gut funktioniert, ist ausgerechnet ein Magenbypass", so Tschöp.

Dieses Phänomen habe wiederum mit Magen-Darm-Signalen zu tun, die die Stoffwechselsteuerung im Gehirn kontrollieren: "Mit neuen medikamentösen Kombinationen lässt sich pharmakologisch ein Magenbypass imitieren - und damit zumindest bei Mäusen Fettsucht und Zuckerkrankheit bereits kurieren."

Es werde aber noch viele Jahre dauern, bis entsprechende Medikamente verfügbar seien. "Außerdem zeigen neueste Erkenntnisse, dass nicht nur spezifische Altersgruppen von unterschiedlichen Diabetes-Therapeutika profitieren, auch geschlechtsspezifische Unterschiede und individuelles Vorliegen von Genmutationskombinationen verlangen eine personalisiertere Medizin. Ein Hauptziel der Forschung ist daher, die dafür entscheidenden Biomarker zu identifizieren", so Tschöp. (eb)

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