ICD

Wie wichtig ist der Defi bei Herzinsuffizienz noch?

Der plötzliche Herztod hat als Todesursache bei chronischer Herzschwäche heute wohl nicht mehr die Bedeutung wie noch vor Jahrzehnten. Das wirft die Frage auf: Wie effektiv ist die Primärprävention mit implantierbaren Defibrillatoren bei dieser Indikation heute noch?

Peter OverbeckVon Peter Overbeck Veröffentlicht:
Noch sehen die Leitlinien den implantierbaren Defibrillator als Primärprävention vor.

Noch sehen die Leitlinien den implantierbaren Defibrillator als Primärprävention vor.

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Bei Herzinsuffizienz auf Basis einer linksventrikulären systolischen Dysfunktion ist das Risiko für den plötzlichen Herztod erhöht. Die Leitlinien empfehlen deshalb bei symptomatischer systolischer Herzinsuffizienz (NYHA-Klasse II-III und Auswurffraktion unter 35 Prozent trotz optimaler Pharmakotherapie) zur Primärprävention solcher Ereignisse die Implantation eines ICD.

Die dieser Empfehlung zugrundeliegenden ICD-Studien stammen jedoch zumeist aus einer Zeit, in der die Pharmakotherapie bei systolischer Herzinsuffizienz noch längst nicht so entwickelt war wie heute.

Inzwischen sind mit ACE/Hemmern/AT1Rezeptorblockern, Betablockern, Mineralkortikoid-Rezeptorantagonisten und dem Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor (ARNI) Sacubitril/Valsartan Therapien verfügbar, für die jeweils ein günstiger Effekt auf den plötzlichen Herztod dokumentiert ist.

Analyse der Daten von zwölf Studien

Ein internationales Forscherteam um Dr. John McMurray von der Universität Glasgow hat deshalb den naheliegenden Gedanken, dass sich im Zuge des zunehmenden Gebrauchs dieser evidenzbasierten Therapien die Inzidenz des plötzlichen Herztodes bei Herzinsuffizienz verringert haben könnte, zum Ausgangspunkt einer umfangreichen Analyse gemacht.

Dafür haben die Forscher zwölf randomisierte kontrollierte Studien zur Wirksamkeit diverser Pharmakotherapien bei Herzinsuffizienz mit reduzierter Auswurffraktion aus den zwei Jahrzehnten zwischen 1995 und 2014 herangezogen (NEJM 2017; 377: 42-51).

Um den zeitlichen Trend bei der Häufigkeit plötzlicher Herztode zu ermitteln, analysierten sie die individuellen Daten von insgesamt 40.195 Studienteilnehmern, denen kein ICD implantiert worden war. Von diesen Teilnehmern, bei denen die linksventrikuläre Auswurffraktion im Mittel 28 Prozent betrug, waren 3583 plötzlich gestorben

 In der Kontrollgruppe der ältesten Studie (die 1998 beendete RALES-Studie) hatte die jährliche Inzidenzrate für plötzlichen Herztod noch 7,6 Prozent betragen. Diese Rate diente als Referenz. In der Verum-Gruppe der jüngsten Studie (die 2014 abgeschlossene PARADIGM-HF-Studie) wurde dagegen nur noch eine jährliche Rate von 3 Prozent beobachtet.

Trend zur Abnahme

Parallel zum zunehmenden Gebrauch von evidenzbasierten Pharmakotherapien ermittelten McMurray und seine Kollegen über alle Studien einen linearen Trend zur Abnahme des plötzlichen Herztodes. Im zugrundeliegenden Beobachtungszeitraum von knapp zwei Jahrzehnten verringerte sich dessen Inzidenz signifikant um 44 Prozent(p = 0,03).

Basierend auf Daten der drei jüngsten Studien schätzen die Autoren, dass die Inzidenzraten bei mit ACE-Hemmern/AT1-Rezeptorblockern, Betablockern und MRA behandelten Patienten gegenwärtig bei etwa 1 Prozent nach drei Monaten und bei unter 2 Prozent nach sechs Monaten liegen dürften.

Nach ihrer Ansicht könnte es angesichts dieser Zahlen schwierig werden, in der heutigen Zeit einen signifikanten Nutzen der ICD-Implantation als primärpräventiver Maßnahme bei der Mehrzahl der Patienten mit Herzinsuffizienz und niedriger Auswurffraktion zu belegen.

Sie verweisen in diesem Zusammenhang auf die Mitte 2016 vorgestellte und viel diskutierte Studie DANISH (NEJM 2016; 375:1221-1230), in der die ICD-Therapie bei Patienten mit nicht ischämisch bedingter Herzinsuffizienz die Zahl der plötzlichen Herztode zwar halbierte.

Doch obwohl sich dieser Unterschied als signifikant erwies, war er – absolut betrachtet – zu gering, um bei der Gesamtmortalität in einen Vorteil zugunsten der ICD-Therapie zu transformieren.

Mehr Zeit bei der Therapieeinstellung nehmen!

Die Gruppe um McMurray hält deshalb "neue Anstrengungen" für erforderlich, um herauszufinden, bei welchen Hochrisiko-Subgruppen eine ICD-Behandlung heute tatsächlich von Nutzen und auch kosteneffektiv ist.

Sie weisen darauf hin, dass diese Therapie nicht nur mit hohen Kosten verbunden ist, sondern auch mit möglichen Komplikationen wie Fehlfunktionen und Infektionen einhergehen kann.

Mit Blick auf die Praxis raten die Studienautoren dazu, sich bei Patienten mit neu diagnostizierter Herzinsuffizienz vor einer ICD-Implantation mehr Zeit bei der Einstellung auf eine optimale medikamentöse Therapie und deren Auftitrierung zu lassen. Derzeit gelten mindestens drei Monate bei den meisten Patienten als angemessene Wartezeit.

Das könnte jedoch zu kurz sein, glauben McMurray und seine Kollegen. Denn auch sechs bis zwölf Monate nach Therapiebeginn könne es noch zu einer Erholung der linksventrikulären Funktion und zu günstigen strukturellen Herzveränderungen (reverse remodeling) kommen. Eine ICD-Therapie würde sich dadurch erübrigen.

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