Vorschlag bei Ärztekammer-Talk

Antibiotikum-Verordnung durch Kollegen prüfen lassen

Nicht nur ein sparsamerer Umgang mit Antibiotika wird auf einer Veranstaltung der Ärztekammer Niedersachsen gefordert. Ins Gespräch gebracht wird auch ein Konsil vor der Verschreibung.

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Vor der Verschreibung von Antibiotika könnte ein Kollege die Notwendigkeit prüfen, lautete beim Online-Talk der Ärztekammer Niedersachsen ein Vorschlag.

Vor der Verschreibung von Antibiotika könnte ein Kollege die Notwendigkeit prüfen, lautete beim Online-Talk der Ärztekammer Niedersachsen ein Vorschlag.

© Kzenon / stock.adobe.com

Hannover. Der Präsident des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes (NLGA), Dr. Fabian Feil, hat beim Online-Talk der Landesärztekammer für einen umsichtigeren Umgang mit Antibiotika in der ambulanten und stationären Versorgung plädiert. In Skandinavien sei man bei der Verschreibung von Antibiotika vorsichtiger als in Deutschland, sagte Feil.

„In Skandinavien dürfen gewisse Antibiotika erst dann gegeben werden, wenn zuvor ein Konsil stattgefunden hat. Vielleicht sollten wir auch in diese Richtung denken und Prozesse in diese Richtung anstoßen“, sagte Feil am Montag in Hannover. Man solle an dieser Stelle auch kritisch auf die Therapiefreiheit schauen, empfahl Feil, und im Zweifel einen Kollegen die Verschreibung prüfen lassen.

30 Jahre ohne neue Antibiotika in der Pädiatrie

Antibiotika sollten grundsätzlich sorgfältig dosiert und mit Bedacht verordnet werden, unterstrich der Kinderarzt und Vorsitzende der ÄKN-Bezirksstelle Hannover, Dr. Thomas Buck. „Dann brauchen wir auch weniger Reserveantibiotika.“ Immerhin seien in den letzten 30 Jahren keine neuen Antibiotika für die Pädiatrie auf den Markt gekommen.

Wie gefährlich Antibiotika-Resistenzen werden können, machte Dr. Oana Joean, Infektiologin an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), deutlich. Derzeit versorge man an der MHH auch viele Kriegsverletzte aus der Ukraine. Man sehe in diesem Zusammenhang viele gegen Antibiotika resistente Patienten, weil in ost- und südost-europäischen Ländern wesentlich großzügiger verschrieben werde. „Da hatte unser Medikamentenschrank nicht mehr so viele Angebote“, berichtete Joean. „Und da werden die Therapien dann ganz schnell ganz teuer – wenn wir überhaupt noch Therapien haben.“

Staatliche Lenkung bei der Forschung nötig?

Damit es auch in Deutschland nicht zu vielen Resistenzen kommt, müsse man sich klar machen, dass oft Angst und Emotionalität beim Verschreiben zur Übertherapie beitrügen, sowohl im stationären wie im ambulanten Sektor. Nach Ansicht des NLGA-Präsidenten Feil ist die Resistenzentwicklung ein großes Problem, aber „kein Schicksal“. Man kenne die Instrumente zur Verhinderung von Resistenzen. „Darüber müssen wir die Ärzte und Patienten besser informieren.“

Kinderarzt Buck forderte neue Reserveantibiotika und schränkte sogleich ein: „Ich bin da sehr pessimistisch, weil die Industrie kein Interesse hat, diese Antibiotika zu entwickeln.“ Vielleicht brauche man an dieser Stelle staatliche Lenkung, die Geld für die Forschung zur Verfügung stelle, sagte Buck. „Der Markt regelt nicht alles.“

Der Life Talk der Kammer befasste sich mit dem Thema aus Anlass des Welt-Antibiotika-Tages am 18. November. (cben)

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