AOK Bremen/Bremerhaven

Arztberatung nicht verbieten

Die AOK Bremen/Bremerhaven sieht die seit Jahren etablierten Strukturen der Arztberatung durch das „Faire Kassenwahl-Gesetz“ bedroht.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:

BREMEN. Olaf Woggan, Vorstandsvorsitzender der AOK Bremen/Bremerhaven, sieht die ärztliche Verordnungsdisziplin mit Blick auf die AOK-Patienten gefährdet.

„Bisher konnten wir die Arzneimittelausgaben auf das aus unserer Sicht notwendige Maß begrenzen“, sagte Woggan am Mittwoch in Bremen.

Wenn Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die Arztberatung so einschränke, wie es im Entwurf des Faire-Kassenwahl-Gesetzes vorgesehen ist, „dann verlieren wir in Bremen ein seit Jahrzehnten bewährtes Instrument, um unnötige Arzneimittelkosten zu vermeiden“, warnte Woggan. Der Referentenentwurf sieht in Paragraf 305a SGB V ein striktes Beratungsverbot von Vertragsärzten durch Kassen vor.

Positivliste geschaffen

Bisher beschäftigt die Kasse zum Beispiel zwei Beratungsapotheker und hat mit dem Bremer Arzneimittelregister zusammen mit anderen Kassen eine Positivliste geschaffen, die Hausärzte im Hausarztvertrag der AOK verwenden müssen. Dies alles dürfte unter die künftig möglicherweise untersagte Arztberatung fallen, fürchtet die Kasse.

Noch liegen die Arzneimittelausgaben für AOK-Patienten an der Weser deutlich unter jenen anderer Kassen, hieß es. Seit 2009 sind die Arzneimittelausgaben pro AOK-Versicherten in Bremen von 423 Euro auf 469 Euro im Jahr 2019 (Prognose) gestiegen.

Im Durchschnitt aller GKV betrugen dagegen die Ausgaben für Arzneimittel im Jahr 2009 noch 438 Euro, und im laufenden Jahr werden sie auf 505 Euro wachsen, so die Zahlen der AOK.

Allerdings dürften die geringeren Arzneimittelausgaben nicht nur auf das Konto von Arztberatungen gehen, sondern auch dem gesunkenen Altersschnitt der AOK-Versicherten geschuldet sein. Laut Geschäftsbericht 2018 sind die Bremer AOK-Versicherten im Schnitt 41,6 Jahre alt.

13500 syrisch-stämmige Versicherte

Die Verjüngung erkläre sich auch aus den vielen „Zugewanderten und Flüchtlingen aus Bürgerkriegsregionen“, die in Bremen leben und bei der AOK versichert sind, hieß es. So stellen allein die syrisch-stämmigen Versicherten mit knapp 13.500 oft jungen und gesunden Versicherten nach den Deutschen und den türkischstämmigen Versicherten die drittgrößte Nationalität unter den AOK-Versicherten.

„Die Geflüchteten haben viel seltener Erkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck“, berichtet Woggan. Zum Beispiel Hypertonie: 2017 lag Bluthochdruck bei AOK-Versicherten an der Weser statistisch auf Platz eins. Bei den ehemaligen Asylbewerbern unter den Versicherten nimmt Hypertonie nur Platz 25 ein.

Zu hohes Cholesterin lag 2017 auf Platz sieben bei allen Versicherten, bei der Gruppe der ehemals Asylsuchenden auf Platz 58. Damit sinken auch die Arzneimittelausgaben. Die häufigste Erkrankung bei ehemaligen Asylbewerbern ist der grippale Infekt.

Klar ist, dass die Asylbewerber der wirtschaftlichen Situation der Bremer AOK guttun. Laut Woggan dürfe man aber den Verjüngungseffekt nicht überschätzen: „Auch vor dem Jahr 2015 mit den vielen Flüchtlingen lagen unsere Ausgaben für Arzneimittel deutlich unter dem Schnitt der GKV.“

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