Kapazitätsengpässe

Klinik für den Maßregelvollzug in Berlin ist weiter überfüllt

Bei der Belegung im Krankenhaus des Maßregelvollzugs sind kaum Besserungen zu beobachten. Die Kapazitäten reichen nicht. Die Gesundheitsverwaltung stellt mehr Plätze in Aussicht.

Von Andreas Heimann Veröffentlicht:
Blick auf eines der Gebäude des Maßregelvollzugs für als psychiatrisch auffällig oder suchtkrank eingestufte Straftäter auf dem Gelände der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik.

Blick auf eines der Gebäude des Maßregelvollzugs für als psychiatrisch auffällig oder suchtkrank eingestufte Straftäter auf dem Gelände der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik.

© Jörg Carstensen/dpa

Berlin. Das Krankenhaus des Maßregelvollzugs (KMV) in Berlin-Reinickendorf ist weiterhin überbelegt. Die Lage dort ist bereits seit längerer Zeit angespannt – die Kapazitäten reichen schlicht nicht aus. Ende September (Stichtag 26.9.) waren dort 549 stationäre Betten von den Ordnungsbehörden genehmigt, die mit 619 Patienten belegt waren, wie die Senatsverwaltung für Gesundheit am Montag auf Anfrage mitteilte. Die auf die Behandlung suchtkranker Straftäter spezialisierten Fachkliniken im sogenannten Maßregelvollzug sind in zahlreichen Bundesländern überbelegt.

„Die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege arbeitet aktiv und permanent daran, die Situation im KMV zu verbessern“, so die Gesundheitsverwaltung. Das Krankenhaus solle erweitert und saniert werden, um Überbelegung und Aufnahmedruck entgegenzuwirken. „Zwölf neue Plätze im Haus 4 auf dem Gelände des KMV konnten mittlerweile belegt werden.“

Zwölf neue Plätze in der Klinik sind inzwischen belegt

Die Immobiliensuche aus dem Bestand der Berliner Immobilienmanagement GmbH nach einem weiteren Standort sei erfolgreich abgeschlossen. „Über die genaue Nutzung wird gerade noch verhandelt.“ Eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe entwickele derzeit außerdem einen „Masterplan KMV 2040“.

Die Tageszeitung „taz“ berichtete am Montag über eine Patientin der Klinik, die sich über Zustände beschwert habe, die kaum auszuhalten seien. Die Frau gab demnach an, in einen Hungerstreik getreten zu sein und einen Forderungskatalog vorgelegt zu haben. Die KMV-Leitung habe die Forderungen zur Kenntnis genommen, sagte eine Sprecherin der Gesundheitsverwaltung.

Im Hungerstreik sei die betreffende Frau aber nicht. „Wie uns der Ärztliche Leiter des KMV, Sven Reiners, bestätigte, isst und trinkt die angesprochene Patientin.“ Sie habe Anfang vergangener Woche einen Hungerstreik angedroht, am Tag darauf aber wieder etwas gegessen.

Der Berliner Maßregelvollzug hatte im Februar für bundesweite Schlagzeilen gesorgt. Ein 2021 wegen besonders schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung zu sieben Jahren Haft verurteiltes Clan-Mitglied kam wegen der Überbelegungssituation vorübergehend auf freien Fuß. Kurz danach musste die Berliner Staatsanwaltschaft einen weiteren Straftäter wegen Platzmangels entlassen.

Schon länger Kritik am Maßregelvollzug

Straftäterinnen und Straftäter kommen in den Maßregelvollzug, wenn ein Gericht sie als psychiatrisch auffällig oder suchtkrank einstuft. Bei längeren Freiheitsstrafen kann die Haft aufgeteilt werden. Dabei wird dann ein Teil im Gefängnis abgesessen, anschließend folgt der Maßregelvollzug. Dort wird entschieden, ob der Verurteilte die Reststrafe weiter absitzen muss oder nach der Hälfte der Strafe auf freien Fuß kommt.

In Berlin hatten bereits 2020 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des KMV eine „dauerhafte Überbelegung“ und einen „akuten Personalmangel“ als Ursache für eine zunehmende Zahl von Gewalttaten in der Klinik beklagt. Anfang dieses Jahres kritisierte der Präsident der Ärztekammer Berlin, Peter Bobbert, die Zustände im Krankenhaus des Maßregelvollzugs seien erschreckend und nicht länger hinnehmbar. (dpa)

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