Drug-Checking in Berlin

Amtlich geprüfte Drogen

Joints und Ecstasy gehören zur Berliner Partyszene wie Elektromusik in den Clubs. Was genau in manchen Drogen drin ist, weiß kaum jemand. Konsumenten sollen bald ihre Drogen überprüfen lassen können – und über deren Qualität Auskunft bekommen.

Von Gisela Gross Andreas Rabenstein Veröffentlicht:
Im Rausch der Sinne: Wenn schon Drogen, dann wenigstens saubere! In Berlin laufen Vorbereitungen für ein Drogentest-Projekt an.

Im Rausch der Sinne: Wenn schon Drogen, dann wenigstens saubere! In Berlin laufen Vorbereitungen für ein Drogentest-Projekt an.

© lanarusfoto / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodellen)

BERLIN. Berlins rot-rot-grüne Koalition möchte gern ein sogenanntes Drug-Checking in der Hauptstadt einführen. Dabei sollen Konsumenten Inhaltsstoffe und Dosierung ihrer Drogen untersuchen lassen können. Ein erstes Projekt hat Anfang des Monats begonnen. Dazu folgen einige Fragen und Antworten:

Was sind die Ziele von Drug-Checking?

Im Koalitionsvertrag kündigte Rot-Rot-Grün an, Maßnahmen zur „Verminderung der Begleitrisiken von Drogenkonsum“ stärken zu wollen – Drug-Checking wurde dabei als ein Baustein genannt. Solche Risiken können neben der Gesundheitsschädigung durch Wirkstoffe – etwa von Cannabis, Kokain und Ecstasy – auch Verunreinigungen, das Strecken der Stoffe oder eine zu hohe Konzentration sein.

Befürworter versprechen sich vom Drug-Checking neben öffentlichen Warnungen zum Beispiel vor gefährlichen Pillen auch einen besseren Zugang zu Konsumenten, um sie über Risiken aufklären zu können. Manche hoffen zudem, dass die Hersteller wegen der Kontrollen stärker auf sichere Produkte achten.

Wie werden die Drogen konkret untersucht?

Experten analysieren kleine Proben des jeweiligen Rauschgifts. Dabei geht es um den Anteil des Hauptwirkstoffes und die beigemischten weiteren Inhaltsstoffe. Eine der Analysemethoden heißt HPLC (High Performance Liquid Chromatografie). Dazu werden meist eine Tablette oder Teile davon oder 30 bis 50 Milligramm eines Pulvers benötigt – das entspricht etwa einer Messerspitze. In manchen Ländern gibt es seit Jahren solche Angebote.

In der Schweiz bietet beispielsweise das Drogeninformationszentrum (DIZ) der Stadt Zürich zweimal in der Woche Termine an, an denen Drogen zur Analyse abgegeben werden können. Das Ergebnis kann man später erfragen. Warnungen werden auch im Internet veröffentlicht. Mehrmals pro Jahr gibt es zudem ein sogenanntes mobiles Drug-Checking an verschiedenen Stellen in der Stadt. Diese Analyse dauert etwa eine halbe Stunde.

In einer der zahlreichen online veröffentlichten Warnungen heißt es etwa: „Diese XTC-Tabletten enthalten 227.6 mg bzw. 207.7 mg MDMA. Bei solch hohen Dosen können unter anderem folgende Nebenwirkungen auftreten: ‚Kiefer mahlen‘, Augen- und Nervenzucken, Kopfschmerzen, Übelkeit, Krampfanfälle, Halluzinationen.“

Oder: „Der durchschnittliche Wirkstoffgehalt der im DIZ getesteten Kokainproben betrug im dritten Quartal 2018 76,2 Prozent Kokain*HCl (Hydrochlorid). Der Wirkstoffgehalt der analysierten Proben variierte stark und lag zwischen 2,3 und 98 Prozent Kokain*HCl.“

Wie ist die Gesetzeslage in Deutschland?

Das Betäubungsmittelgesetz verbietet bestimmte Rauschgifte und ihre Herstellung und Einfuhr, den Handel, Kauf und weitgehend auch den Besitz. Es gibt aber zahlreiche Ausnahmen für medizinische und wissenschaftliche Zwecke.

In einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages aus dem Jahr 2009 heißt es, verbindliche Aussagen über die rechtliche Zulässigkeit von Drug-Checking seien nicht möglich. „Das Gesetz regelt diesen Sachverhalt nicht ausdrücklich.“

Dort wird festgestellt, dass der untersuchende Chemiker sich wegen des unerlaubten Besitzes strafbar machen könne; das Gleiche gelte für den Konsumenten. Würde ihn die Polizei bei der Abgabe der Droge beobachten, müsste sie eingreifen. Nötig sei also eine „eindeutige gesetzgeberische Entscheidung“, um Rechtssicherheit herzustellen. So etwas gibt es für Drogenkonsumräume in einigen Bundesländern.

Was plant der Berliner Senat?

Er stellt für ein Modellprojekt in den Jahren 2018 und 2019 insgesamt 150.000 Euro bereit. Den Zuschlag für die Umsetzung erhielt eine Bietergemeinschaft, an der unter anderem die Suchthilfeorganisation Fixpunkt beteiligt ist. Diese betreibt in Berlin unter anderem Drogenkonsumräume und stellt Spritzenautomaten bereit.

Die Träger sollen zunächst ein Gutachten zur juristischen Machbarkeit des Testangebots einholen. Erforderlich wäre eine Ausnahmegenehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte.

Selbst im Fall eines Erfolges ist völlig offen, wann und wie in Berlin tatsächlich Drogen getestet werden könnten. Der Antrag der Träger sieht weitere Schritte vor: Unter anderem sollen Personal eingestellt sowie Ausstattungs- und Laborressourcen geschaffen werden. Geplant ist eine Internetseite, auf der Ergebnisse veröffentlicht werden sollen. Aufgabe der Träger ist es demnach auch, das Projekt bekannt zu machen und Beratungssprechstunden anzubieten.

Was sagen Kritiker?

Der FDP-Innenpolitiker Marcel Luthe sagt: „Es ist nicht Aufgabe des Staates, den illegalen Handel und Konsum von Drogen zu fördern, sondern einen klaren Rechtsrahmen zu schaffen, der der organisierten Kriminalität diese Einnahmequelle entzieht. Der Senat aus SPD, Linken und Grünen legt einmal mehr ein Förderprogramm für kriminelle Clans und deren Dealer auf, statt eine ganzheitliche, moderne Drogenpolitik zu präsentieren.“

Schon 1995 machte in Berlin der Verein „Eve and Rave“ in der Techno-Szene auf gefährliche Ecstasy-Pillen aufmerksam. Mit dem Drug-Checking wollte der Verein, der sich 1994 aus der Berliner Techno-Partyszene heraus gegründet hatte, das Risiko beim Konsum vermindern. Allerdings kam es 1996 zum Konflikt mit der Justiz – eine Durchsuchung und ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft waren die Folge. Ähnliche Versuche gab es in anderen Städten. (dpa)

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