Bonus für Bereitschaft zur Organspende

TEL AVIV (nsi). Die eigene Bereitschaft, ein Organ zu spenden, bringt Pluspunkte in dem Fall, wenn man selbst ein Organ benötigt: Ein entsprechend novelliertes Transplantationsgesetz ist vor Kurzem in Israel in Kraft getreten.

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Mit dem weltweit erstmals gesetzlich verankerten Prinzip der Gegenseitigkeit für die Spende und den Erhalt eines Organs sollen die Bürger in Israel - wie gemeldet - zu größerer Spendebereitschaft motiviert werden. Denn in diesem Land ist die Ablehnungsrate bei postmortalen Organspenden mit 55 Prozent deutlich höher als in westlichen Ländern. Lediglich zehn Prozent aller Erwachsenen haben dort einen Organspende-Ausweis.

In einem Allokations-Score, der von 0 bis 18 Punkten reicht - das ist höchste Stufe bei der Zuteilung eines Organs - erhalten Patienten auf der Warteliste, die wenigstens ein Jahr vor der Indikation zur Transplantation ihre Bereitschaft zur Organspende bei einem nationalen Register angemeldet haben, zwei Pluspunkte. Wer einen Verwandten ersten Grades hat, der einer Organspende zustimmt, bekommt einen Pluspunkt. Die Bereitschaft zur Organspende muss aber jeweils ungerichtet sein.

Gibt es Familienangehörige ersten Grades, die bereits lebend oder postmortal ein Organ gespendet haben, oder ist der Kandidat auf der Warteliste selbst Lebendorganspender gewesen, erhält er 3,5 Pluspunkte. Das berichten Transplantationsmediziner um Professor Jacob Lavee vom Nationalen Transplantationszentrum in Tel Aviv (Lancet online, 17. 12. 2009). Lavee gehört dem israelischen Gesundheitsministerium an. Bei akut lebensbedrohlichen Erkrankungen werden solche Pluspunkte aber nicht berücksichtigt.

Die Regelung sei nach zwei großen Bevölkerungsumfragen in den Jahren 1999 und 2004 zustande gekommen, weil sich einerseits ein gewisser Teil der Bevölkerung aus religiösen Gründen (Ablehnung des Hirntodkonzepts) klar gegen eine Organspende ausspreche, aber im Fall des Bedarfs selbst gern ein Organ erhielte, so Lavee und seine Kollegen. Diese Haltung werde von einem deutlichen Teil der Befragten als "Trittbrettfahren" empfunden und als demotivierend für die eigene Spendebereitschaft. Mehr als die Hälfte der Befragten erklärte sich den Umfragen zufolge zu einer Organspende bereit, wenn sie selbst im Notfall Pluspunkte bei der Zuteilung erhielten.

Das Prinzip der Gegenseitigkeit wird als Reziprozitätsmodell auch in den westlichen Ländern inklusive Deutschland seit den 90er Jahren diskutiert. Es hat aber noch nirgends Eingang in die Gesetzgebung gefunden. Unter anderem möchten Ärzte Patienten nicht wegen ihrer Weltanschauung oder wegen fehlender Auseinandersetzung mit der Thematik bei der Behandlung benachteiligen.

Professor Jan Galle aus Mainz, Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie, bezeichnet die neue Regelung in Israel denn auch als "Hilfeschrei" auf den eklatanten Organmangel in Israel. "Man muss nun erst einmal abwarten, ob diese drastische Maßnahme auch tatsächlich greift", meint Galle.

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