Große Befragung in EU

Corona-Impuls: Arbeitnehmer adressieren öfter Stress im Job

Arbeitsverdichtung, schlechte betriebsinterne Kommunikation & Co: Die Corona-Pandemie ist ein Stresstreiber für Beschäftigte in Europa, wie die EU-Gesundheitsschutzagentur herausgefunden hat. Sie hilft ihnen aber auch zunehmend, über Stress und mentale Gesundheit im Job zu sprechen.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Immer mehr Beschäftigte klagen über die pandemiebedingte Zunahme des Stresses bei der Arbeit.

Immer mehr Beschäftigte klagen über die pandemiebedingte Zunahme des Stresses bei der Arbeit.

© Grafvision / stock.adobe.com

Bilbao. Hat die Coronavirus-Pandemie für Arbeitnehmer in Europa auch ihre positive Seite? Offensichtlich ja, denn jeder zweite Beschäftigte in der EU stimmt der Aussage zu, dass mit der Pandemie leichter geworden sei, das Thema Stress und mentale Gesundheit am Arbeitsplatz zu adressieren.

Wohlgemerkt sind aber auch 50 Prozent der Meinung, es schade ihrer Karriere, wenn sie eine Beeinträchtigung ihrer psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz öffentlich machen würden.

Dies geht aus der am Montag jüngst von der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) veröffentlichten Erhebung „OSH Pulse“ – Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz nach der Pandemie hervor.

Für die Studie wurden insgesamt knapp 26.000 Beschäftigte in den EU-Mitgliedstaaten sowie in Island und Norwegen im Zeitraum von Ende April bis Mitte Mai befragt. Immerhin 59 Prozent der Beschäftigten gaben an, sich wohler zu fühlen, könnten sie Vorgesetzten gegenüber über ihre psychische Gesundheitsverfassung sprechen. Zudem sagten 44 Prozent, dass ihr arbeitsbedingter Stress infolge der Pandemie gestiegen sei.

Job verschlimmert Beschwerden

Mit 46 Prozent bejahen nahezu die Hälfte der Befragten die Aussage, dass sie extremem Zeitdruck ausgesetzt oder schlicht überlastet sind. Weitere Stressfaktoren sind demnach eine schlechte betriebsinterne Kommunikation oder Zusammenarbeit und die mangelnde Kontrolle über das Arbeitstempo oder die Arbeitsprozesse.

Ein relativ großer Teil der Beschäftigten berichtet von einer Reihe arbeitsbedingter Gesundheitsprobleme, die häufig mit Stress in Verbindung stehen: 30 Prozent der Befragten nannten mindestens eine gesundheitliche Beschwerde – dauerhafte Müdigkeit, Kopfschmerzen, Augenermüdung, Muskelprobleme, Schmerzen –, die durch die Arbeit verursacht oder verschlimmert worden sei.

In Bezug auf Initiativen, Prävention und Risikominderung am Arbeitsplatz geben 42 Prozent der Befragten an, dass in ihrem Unternehmen Informationen und Schulungen zum Wohlbefinden und zur Stressbewältigung angeboten würden.

Allgemeine und psychosoziale Beratung (38 Prozent), Aufklärungsmaßnahmen und andere Informationsaktivitäten rund um Sicherheit und Gesundheit (59 Prozent) seien ebenfalls verfügbar. 43 Prozent der beschäftigten gaben an, ihr Unternehmen adressiere explizit die Belegschaft und frage nach arbeitsbedingten Stressfaktoren. Vier von fünf Befragten gaben an, Sicherheitsprobleme am Arbeitsplatz würden in ihrem Unternehmen prompt adressiert, und es gebe geeignete Maßnahmen zum Gesundheitsschutz im Job.

Die Gesundheitsschutzagentur verweist angesichts der neuesten Daten auch auf ältere Erhebungen über die Auswirkungen des psychischen Wohlbefindens respektive psychosozialer Risiken auf muskulo-skelettale Erkrankungen (MSE). Diese könnten zum Entstehen von MSE bei Beschäftigten beitragen oder diese verschlimmern.

Begrenzte Studienlage

Allerdings verweist die EU-OSHA auch auf die defizitäre Forschungslage. Denn: Obwohl einige psychosoziale Risikofaktoren, wie psychische oder sexuelle Belästigung und Gewalt, klar erkennbare Folgen haben können, sei es auf der Grundlage der bisherigen Forschungsergebnisse nicht möglich, bestimmte psychosoziale Risikofaktoren generell mit bestimmten MSE in Verbindung zu bringen.

Dies sei nicht ungewöhnlich, zumal solche Überlegungen auch für physische Risikofaktoren gälten und es selten möglich sei, genau zu bestimmen, in welchem Umfang ein einzelner physischer Risikofaktor zum Gesamtrisiko beitrage, ordnet die Agentur die Lage ein.

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