Entscheidung voraus

Dürfen geistig Behinderte an Wahlen teilnehmen?

Das Bundesverfassungsgericht entscheidet in Kürze, ob Menschen mit Betreuung an der Europawahl teilnehmen dürfen. Der Sozialverband VdK hält das für überfällig.

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Menschen mit gerichtlicher bestellter Betreuung sind derzeit von Wahlen ausgeschlossen. In Zukunft könnten sie politische Mitbestimmung erhalten.

Menschen mit gerichtlicher bestellter Betreuung sind derzeit von Wahlen ausgeschlossen. In Zukunft könnten sie politische Mitbestimmung erhalten.

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KARLSRUHE. Die Vorsitzende des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, hält viele geistig Behinderte für durchaus in der Lage, eine begründete Wahlentscheidung zu treffen. Das machte Bentele am Montag kurz vor der Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts über ein Europawahl-Stimmrecht für betreute Menschen deutlich.

„Ich meine, dass man die Person unterstützen muss, wie sie Informationen bekommt“, sagte sie. Darauf müsse sich die Diskussion konzentrieren, „nicht so sehr auf die Frage, wer in der Lage ist, eine Wahlentscheidung zu treffen, das hinterfragen wir sonst ja bei auch keinem“.

Das Bundesverfassungsgericht verhandelt am Nachmittag über einen Eilantrag zur Teilnahme von Menschen mit gerichtlich bestellter Betreuung an der Europawahl im Mai. FDP, Linke und Grüne im Bundestag haben eine einstweilige Anordnung beantragt, um dies kurzfristig noch zu ermöglichen. Eine Entscheidung will der 2. Senat direkt im Anschluss an die mündliche Verhandlung verkünden.

BVerfG: Verstoß gegen das Grundrecht

Hintergrund ist die Entscheidung des Gerichts vom 29. Januar, dass der Ausschluss von Menschen mit gerichtlich bestellter Betreuung von Wahlen gegen das Grundgesetz verstößt. Der Bundestag hat inzwischen einen Antrag von Union und SPD angenommen, der ein inklusives Wahlrecht für die mehr als 80.000 Betroffenen von Juli an vorsieht.

„Was mich an der Sache so wahnsinnig ärgert ist, dass wir diese Sache schon seit Jahren fordern“, sagte Bentele. Sie habe eine entsprechende Regelung schon 2013 in ihrer Funktion als Behindertenbeauftragte der Bundesregierung verlangt. Aber der Bundestag habe mit einer entsprechenden Entscheidung auf das Verfassungsgericht in Karlsruhe gewartet und lange nichts gemacht.

Welche Bedenken gibt es gegen eine Freigabe?

In manchen anderen EU-Staaten gibt es keine solchen Wahlausschlüsse, etwa in den Niederlanden oder Österreich. Das deutsche Recht – ein Ausschluss ist in Paragraf 13 des Bundeswahlgesetzes geregelt – könnte ohnehin gegen die EU-Behindertenrechtskonvention verstoßen – diese ist vor knapp zehn Jahren in Kraft getreten.

Befürworter des Ausschlusses befürchten einen Missbrauch des Wahlrechts durch manchen Betreuer. (ajo, teilweise mit dpa-Material)

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Grundrechte vs. Bürokratie

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