Hilfe zur Selbsthilfe für Opfer des Genozids in Ruanda

15 Jahre nach dem Völkermord in Ruanda leiden noch immer viele Einwohner unter den Folgen. Hilfsangebote sind rar.

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FRANKFURT/MAIN (smi) Der Traumatherapeut Privat-Dozent Wolfgang Wöller, Leitender Arzt in der Rhein-Klinik des Evangelischen Johanneswerks in Bielefeld, engagiert sich seit zwei Jahren für die Opfer des Genozids in Ruanda und leistet vor Ort Hilfe zur Selbsthilfe.

Der Völkermord in Ruanda ereignete sich von Anfang April bis Mitte Juli 1994. In knapp 100 Tagen ermordeten Angehörige der Hutu etwa drei Viertel der in Ruanda lebenden Tutsi-Minderheit. Schätzungen gehen von 800 000 bis zu einer Million Toten aus. Auch moderat eingestellte Hutu verloren ihr Leben. Die Täter stammten aus den Reihen der Ruandischen Armee, der Präsidentengarde, der Nationalpolizei und der Verwaltung, aber auch Milizen und Hutu-Zivilisten beteiligten sich an dem Genozid. Viele, die überlebten, leiden noch heute unter einer posttraumatischen Belastungsstörung. Auch Jugendliche sind betroffen.

Mitunter kommt es vor, dass ein ruandischer Schüler mitten im Unterricht aufspringt und laut schreiend unter den Tisch kriecht. "Manchmal sind sogar mehrere Schüler gleichzeitig von solchen traumatischen Zuständen betroffen, sodass der Schulunterricht gar nicht mehr weitergehen kann", berichtet Wolfgang Wöller. "Während solcher dissoziativer Zustände durchleben die Menschen die Vergangenheit noch einmal."

Sein Projekt nennt der Bielefelder Arzt "Formation des Formateurs", auf Deutsch "Ausbildung für Ausbilder". Anfang 2009 konnte er seine Arbeit mit finanzieller Unterstützung des Evangelischen Entwicklungsdienstes (EED) starten. Dabei kooperiert er mit dem protestantischen Rat von Ruanda. Das Projekt ist auf sechs Jahre angelegt.

Psychologen und Psychiater sind in Ruanda selten. Wöllers Angebot richtet sich daher vor allem an Ärzte, Sozialarbeiter, Pfarrer und andere Fachkräfte, die traumatisierte Menschen betreuen. Jene erhalten Einblick in moderne traumatherapeutische Behandlungskonzepte und sollen ihre Kenntnisse später an andere weitergeben. "Engagierte Menschen auf diesem Weg zu schulen, ist der beste Weg zu helfen", fasst der Bielefelder Experte zusammen.

Der Völkermord in Ruanda hat Spuren hinterlassen. Während der Massaker wurden nach Schätzungen von Unicef zwischen 250 000 und 500 000 Mädchen und Frauen vergewaltigt. Zur Jahrtausendwende gab es bis zu 60 000 Haushalte, denen aufgrund des Tods der Eltern Minderjährige vorstanden; 300 000 Kinder wuchsen in solchen Haushalten auf. Durch die selektive Ermordung von Männern herrscht ein extremer Frauenüberschuss.

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