Bottrop und Essen

Ist Silvester-Amokfahrer psychisch krank?

Wenige Minuten nach dem Jahreswechsel fährt ein Autofahrer im Ruhrgebiet in eine Menschenmenge, es gibt mehrere Verletzte. Schnell sind die Ermittler sicher: Der Mann handelte aus Hass auf Ausländer – und es gibt Hinweise auf eine psychische Erkrankung.

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Tatort Berliner Platz in Bottrop: Hier fuhr ein Autofahrer in der Silvesternacht in eine feiernde Menschenmenge.

Tatort Berliner Platz in Bottrop: Hier fuhr ein Autofahrer in der Silvesternacht in eine feiernde Menschenmenge.

© Marcel Kusch / dpa

BOTTROP. Offenbar aus Fremdenhass ist ein Autofahrer in der Silvesternacht im Ruhrgebiet mehrmals gezielt in Menschengruppen gefahren und mehrere Personen verletzt. Die Polizei berichtete am Mittwoch von acht Verletzten, eine Person sei schwer verletzt worden.

Der 50 Jahre alte Deutsche soll seinen Wagen auf seiner Fahrt nicht nur in Bottrop, sondern auch in Essen bewusst mehrfach auf feiernde Menschen zugesteuert haben. Gegen ihn wurde Haftbefehl wegen mehrfachen versuchten Mordes erlassen, wie Polizei und Staatsanwaltschaft bekannt gaben.

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte nach den ersten Vernehmungen des Festgenommenen: „Es gab die klare Absicht von diesem Mann, Ausländer zu töten.“ Staatsanwaltschaft und Polizei sprachen von einem „gezielten Anschlag“.

Hinweise auf psychische Erkrankung

Die Ermittler gehen davon aus, dass der mutmaßliche Täter aus fremdenfeindlichen Motiven handelte und unter psychischen Problemen leidet. Der 50-Jährige stamme aus Essen und sei bei der Polizei bislang nicht in Erscheinung getreten, hieß es.

Die Ermittler haben nach eigenen Angaben „erste Informationen über eine psychische Erkrankung des Fahrers“. Nach ersten Erkenntnissen soll der Mann eine schizophrene Erkrankung haben.

Er sei in der Vergangenheit behandelt und mindestens einmal in eine geschlossene Einrichtung eingewiesen worden, berichtete das Nachrichtenmagazin „Spiegel“.

Die Polizei Münster geht davon aus, dass der Täter in der Silvesternacht - zum Beispiel an beleuchteten Bushaltestellen - gezielt nach Opfern Ausschau gehalten habe.

Unter den Opfern ist eine 46-jährige Frau, ihr Ehemann (48) und ihre Töchter (16 und 27) aus Syrien. Ebenfalls verletzt wurden ein vierjähriger Junge und seine Mutter (29) aus Afghanistan, ein zehnjähriges Mädchen aus Syrien sowie ein 34-jähriger Essener mit türkischen Wurzeln.

Amokfahrt auch in Tokio

Auch in der japanischen Millionenmetropole Tokio rammte ein Autofahrer in der Silvesternacht Medienberichten zufolge Fußgänger in einer belebten Einkaufszone. Mindestens neun Menschen wurden dabei verletzt.

Der Fahrer sei festgenommen worden und habe der Polizei gesagt, dass er einen Terroranschlag verüben wollte, meldete die japanische Nachrichtenagentur Kyodo. Laut Kyodo prüfen die Behörden, ob der Mann wegen seines Geisteszustandes schuldfähig ist. (dpa/ths)

Wir haben den Beitrag aktualisiert am 02.01.2019 um 17:52 Uhr.

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 03.01.201917:15 Uhr

Was mich bei dieser Diskussion seit Jahren stört...

ist die Tatsache, dass Hundertausende unserer Patientinnen und Patienten mit z.T. schwersten Psychosen, wahnhaften oder narzisstischen Störungen, Borderline-Psychosen, agitierten Depressionen, Aggressionsstürmen und bio-psycho-sozial bzw. biografisch begründbaren Risiko-Situationen niemals schwerste körperliche Schädigungen Dritter bis zu Todesfolgen denken, planen, ausführen und verwirklichen würden.

Bei Amok- bzw. Kurzschluss-Handlungen und/oder politisch/terroristisch motivierten Straftaten wird in Medien/Publizistik/Jurisprudenz/Soziologie/Sozialpsychologie sozusagen reflexartig nicht zuerst nach Schuld-/Kausalitäts-, sondern nach Entschuldigungs-/Irrationalitäts-Gründen gefahndet, ohne dass der Täter/Opfer-Ausgleich bearbeitet wird.

Die juristische Aufarbeitung derartiger Vorkommnisse ist häufig durch intransparente bzw. auch gelegentlich inkonsistente Gutachten geprägt. Wissenschaftliche Kriterien der Validität und Reliabilität sind kaum vorhanden.

Verwunderlich bleibt auch, dass Straftaten, die im Stadium der Trunkenheit/Volltrunkenheit begangen werden i.d.R strafmildernde Umstände bewirken. Im Gegenteil dazu wirken sich im Verkehrsstrafrecht dieselben Verhaltensweisen strafverschärfend aus. Aber auch ein Rotlichtverstoß bei einer Trunkenheitsfahrt ggf. mit nachfolgender grob fahrlässiger Körperverletzung könnte durch eine "schwere Kindheit" relativiert werden?

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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