Robe Paro und Giraff

Umstrittene Kuscheltiere

Emotionale Roboter wie die in Japan erfundene Robbe Paro werden schon in manchen Heimen eingesetzt, um bei den Bewohnern die Einsamkeit zu vertreiben. Doch umstritten sind die Kuscheltiere nicht.

Christoph WinnatVon Christoph Winnat Veröffentlicht:
Tamagotchi mit Fellgefühl: Die Robbe Paro kommt bei Pflegeheimbewohnern, die Tierliebhaber sind, gut an.

Tamagotchi mit Fellgefühl: Die Robbe Paro kommt bei Pflegeheimbewohnern, die Tierliebhaber sind, gut an.

© Peter Endig / dpa

HALLE. Es ist das Prinzip Tamagotchi, nur elaborierter: Zuwendungsroboter ahmen die Syntax der emotionalen Kommunikation nach - Jammern, Seufzen, Fiepen, genüssliches Brummen, wenn sie gestreichelt werden. So wie das hierzulande sicherlich bekannteste Exemplar, die Robbe "Paro", die schon in einigen Pflegeheimen eingesetzt wird.

Dennoch ist die Kuschel-Technik alles andere als unumstritten. "Es wird über diese Art von Roboter viel behauptet, aber bislang ist wenig über ihre Wirkung klar, wir brauchen dringend mehr Forschung", forderte Professor Frank Oswald bei einem Symposium zum Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG) Ende September in Halle.

Oswald ist Leiter des Arbeitsbereichs Interdisziplinäre Alternswissenschaft am Fachbereich Erziehungswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt am Main.

Er und seine Kollegen haben in einem ersten Feldversuch ("ERimAlter") die Akzeptanz zweier emotionaler Roboter untersucht, die Robbe Paro und den Telepräsenzcomputer "Giraff". Während Paro auch optisch als Kuscheltier daherkommt und Kümmer-Instinkte weckt, sieht Giraff aus wie ein Tablet-Computer auf Rädern.

Er kann Telefonate einleiten, bei Notfällen Hilfe holen oder an die Medikamenteneinnahme erinnern. Die Forscher befragten für ihre Untersuchung Pflegende und Betreuer, die teilweise schon mit Paro und Giraff arbeiten, aber auch Patienten und Pflegebedürftige.

Die zu vermutende Präferenz für das Kuscheltier stellte sich dabei keineswegs als selbstverständlich heraus. "Biografische Vorerfahrungen sind wichtig dafür, wie die Menschen auf die Roboter reagieren", so Oswald.

Tierliebhaber offen für Kuschelrobbe

Wer etwa Angst vor Hunden habe, der stehe auch der Robbe Paro eher distanziert gegenüber. Tierliebhaber dagegen seien eher offen für die Kuschelrobbe.

Der wandelnde Tablet-PC Giraff punktet dagegen vor allem bei technikaffinen Senioren. Wer früher jedoch wenig oder gar nicht mit Computern gearbeitet hat, dem macht Giraff anfangs eher Angst, heißt es.

Oswald: "Die Akzeptanz durchläuft mehrere Phasen." So würden die funktionalen Komponenten der Robbe mit der Zeit deutlicher bemerkt. Umgekehrt werde der stark technisch anmutende Giraff nach einiger Zeit auch in emotionalen Kategorien - "der ist ja ganz freundlich" - wahrgenommen.

Die Roboter würden zwar immer leistungsfähiger. Doch genüge es nicht, sie nur technisch weiterzuentwickeln, ist Oswald überzeugt.

"Wir müssen viel intensiver untersuchen, für welche Krankheitsbilder, für welche Personengruppen und in welchen Situationen sich welche Systeme eignen." Sonst, so der Altersexperte, "haben wir bald technisch hoch entwickelte Systeme, die aber keiner will und die niemandem nützen".

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Kommentare
Inge Regnery 30.09.201409:15 Uhr

Technik statt Zuwendung

Was sind wir für eine traurige Gesellschaft - die Computer als Ersatz für persönliche Beziehungen - als technischer Helfer ist er ja ok, aber für Zärtlichkeiten??? Hoffentlich bleibt mir das erspart....

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