Ambulante Medizin

Knappe Arztzeit: „Nicht alle Probleme lassen sich im digitalen Raum lösen“

Digitalisierung, Home Office und sogenannte Avatar-Praxen: Die ambulante Versorgung steht vor gravierenden Veränderungen – welchen, zeigte ein Panel beim Europäischen Gesundheitskongress München.

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Ganz ohne Sitzen und Warten: In der Versorgung angekommen sind längst auch rein digitale Praxen.

Ganz ohne Sitzen und Warten: In der Versorgung angekommen sind längst auch rein digitale Praxen.

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München. Die ambulante ärztliche Versorgung befindet sich in tiefgreifenden Umbrüchen. Darauf haben Fachleute beim Europäischen Gesundheitskongress München hingewiesen.

Praxen müssten digitale Elemente in die Versorgung einbauen, als Arbeitgeber müssten sie Home Office und Teilzeitmodelle anbieten, sagte der zweite stellvertretende Bundesvorsitzende des Hausärztinnen und Hausärzteverbandes, Harald Ritter, bei einer Veranstaltung zum Thema „knappe Arztzeit“.

In Pilotprojekten sei vieles davon erprobt worden, im Versorgungsalltag aber nur wenig angekommen. Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband habe sich daher auf den Weg gemacht, eine hausärztliche Versorgung im Spannungsfeld einer älter werdenden Bevölkerung und knapper Ressourcen für die Bevölkerung zu konzipieren, so Ritter.

Zwischen Demografie und knappen Ressourcen

Seine Prognose: „Wir glauben nicht, dass wir alle Probleme im digitalen Raum lösen können.“ Die Themen Familienmedizin und persönliche Betreuung müssten weiter verfolgt werden.

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Digitalisierung lasse sich gleichwohl auf allen Ebenen einrichten. Für junge Patienten böte sich diese Art von Versorgung eher als für ältere an an. Ritter verwies auf das HÄPPI-Konzept seines Verbandes – wobei HÄPPI für „Hausärztliche Primärversorgungszentren Patientenversorgung interprofessionell“ steht.

In diesem spiele das Praxisteam eine herausragende Rolle in der Versorgung. Ritter räumte ein, dass eine Umstellung bestehender Praxen mit eingefahrenen Abläufen nicht immer rund laufe.

HÄPPI als Modell der Zukunft!?

Das HÄPPI-Konzept werde in Bayern erprobt, ein bundesweites Ausrollen der Teampraxis-Versorgung sei nicht auszuschließen, sagte der Vorsitzende des Ausschusses für Gesundheit, Pflege und Prävention im Bayerischen Landtag, Bernhard Seidenrath (CSU).

Praxen müssten gestärkt werden, um einen Abbau der stationären Versorgung zugunsten der ambulanten Behandlungen zu gewährleisten. Seidenrath verwies darauf, dass in München Arztpraxen schlössen, weil sie keine Medizinischen Fachangestellten (MFA) fänden.

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Andreas Hanna Krahl von den Grünen, Mitglied des Landtags-Gesundheitsausschusses, verwies ebenfalls auf den dringenden Reformbedarf in der Versorgung. Ein Drittel der Hausärztinnen und Hausärzte werde in absehbarer Zeit aus der Versorgung aussteigen. Er sehe aber die Innovationskraft draußen vor Ort bei den Ärztinnen und Ärzten. Es komme jetzt auf Haltung der Politik an.

Willkommen in der „Avatar-Praxis“

In die Lücken der dünner werdenden Versorgung stoßen neue Versorgungsmodelle. In „Avatar-Praxen“ stoßen Patientinnen und Patienten in Videosprechstunden auf Ärztinnen und Ärzte im Home-Office. Davon berichteten auf dem Kongress Praxisgründerinnen und Praxisgründer. Die Allgemeinmedizin werde zum Luxusgut. „Wir müssen die Arztzeit effektiv einsetzen“, so Linus Drop, Vorstandsvorsitzender der Lillian Care GmbH.

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Das Unternehmen betreibt Praxen, in denen Patienten selbstständig „einchecken“ können. Vor Ort erwarten sie MFA. Ärztin oder Arzt sehen sie allerdings nur im Chat. Von bislang rund 12.000 Patientinnen und Patienten seien 17 Prozent älter als 70 Jahre gewesen. 45 Prozent seien wegen chronischer Erkrankungen in Behandlung. 17 Prozent hätte sich für eine reine Fernbehandlung entschieden.

Ein vergleichbares Konzept stellte die Praxismanagerin Tanja Gerlach vor. In ihrem Portfolio finden sich allerdings auch rein digitale Praxen. Für die „Loslösung von der Präsenz“ fänden sich zunehmend ältere Ärzte mit jungen technikaffinen Partnern zusammen, berichtete Gerlach. (af)

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