Bundesverfassungsgericht

Wahlrecht für betreute Menschen schon bei Europawahl

Viele Jahre durften betreute Menschen nicht wählen. Nun hat das Bundesverfassungsgericht ihnen die Tür zur Europawahl geöffnet.

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Am 26. Mai findet die Europawahl statt. Betreute Menschen dürfen mitmachen.

Am 26. Mai findet die Europawahl statt. Betreute Menschen dürfen mitmachen.

© Christian Schwier / fotolia.de

KARLSRUHE. Menschen mit einer gerichtlich angeordneten Betreuung dürfen nun doch bei der Europawahl am 26. Mai erstmals abstimmen.

Allerdings nur auf Antrag, wie das Bundesverfassungsgericht am Montag auf einen Eilantrag aus den Reihen der Bundestagsfraktionen von Grünen, Linken und FDP in Karlsruhe entschied. Das ist deutlich früher als die Bundestagsmehrheit ursprünglich wollte.

Betroffen sind mehr als 80.000 Menschen in Deutschland, für die ein Gericht einen Betreuer in allen Lebensbereichen bestellt hat, etwa weil sie psychisch oder geistig beeinträchtigt sind. Das gilt auch für Straftäter, die wegen Schuldunfähigkeit in einer psychiatrischen Klinik untergebracht sind.

Begründung wird nachgereicht

Der Zweite Senat unter Vorsitz von Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle entschied unmittelbar nach einer mündlichen Verhandlung.

Voßkuhle erklärte, die Paragrafen des Europawahlgesetzes zum Wahlausschluss Betreuter seien nicht anzuwenden bei Anträgen auf Eintrag in die Wählerverzeichnisse oder bei Einspruch gegen die Vollständigkeit oder Richtigkeit der Wählerverzeichnisse. Die eigentliche Begründung des Urteils gab es noch nicht.

Die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, freute sich über die Entscheidung. Die große Koalition habe in der Frage des Wahlrechts blockiert. „Ich freue mich riesig für die vielen betroffenen Menschen.“

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Jens Beeck sieht das Ziel erreicht. Wer bisher ausgeschlossen gewesen sei, könne jetzt durch einen einfachen Zuruf an seine Gemeinde die Teilnahme erreichen.

Wahlausschluss verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits im Januar entschieden, dass der generelle Wahlausschluss von geistig oder psychisch beeinträchtigten Menschen verfassungswidrig ist. Deshalb wollte der Bundestag die Paragrafen streichen, mit denen Behinderte, die in allen Angelegenheiten betreut werden, bislang grundsätzlich von Bundestags- und Europawahlen ausgeschlossen werden - nach dem Willen der Bundestagsmehrheit aber erst nach der Europawahl.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Stephan Mayer, gab zu bedenken, dass eine Änderung jetzt möglicherweise mehr Schaden als Nutzen anrichten würde. „Uns fehlt die Zeit zum Ändern der Wählerverzeichnisse.“ Diese seien bereits erstellt. „Wir wollen ein inklusives Wahlrecht für alle“, betonte Mayer. (dpa)

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