Herzinfarkt in Sachsen-Anhalt

112 zu spät gewählt - warum?

Sachsen-Anhalt liegt bei der Herzinfarktsterblichkeit vorn, Patienten gelangen oft erst zu spät zum Arzt. Ein regionales Herzinfarktregister soll Forschern bei der Suche nach Gründen dafür helfen.

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MAGDEBURG. Mit 103 Gestorbenen pro 100.000 Einwohner steht Sachsen-Anhalt neben Brandenburg noch immer an der Spitze bei der Herzinfarktsterblichkeit. Anlässlich der bundesweiten Herzwochen wurden in Magdeburg zwei Projekte vorgestellt, die auf eine Trendwende abzielen.

Gemeinsam mit der Technischen Universität und dem Helmholtz Zentrum in München arbeiten Kardiologen des Magdeburger Universitätsklinikums an einem Forschungsvorhaben, das Ursachen für Herzinfarkte, Verhalten im Notfall und Vorwissen über die Erkrankung auf der Spur ist.

"Wir wollen mithilfe wissenschaftlicher Analysen auch Strategien zur Sensibilisierung für ein Infarkt-Risiko entwickeln, um die Sterblichkeit durch Herzinfarkte und andere Herzkrankheiten zu senken", sagt Professor Rüdiger C. Braun-Dullaeus, Direktor der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie an der Universität Magdeburg.

Gefördert von der Herzstiftung

Basis für die Studie, die von der Deutschen Herzstiftung gefördert wird, ist das Münchener MEDEA-Projekt, durch das in Bayerns Landeshauptstadt Verzögerungen des Behandlungsbeginns bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom untersucht werden.

"Wenn wir die Magdeburger und Münchener Daten, die bereits vorliegen, vergleichen, könnte das helfen, ein Interventionsprogramm zur Verbesserung der Infarktversorgung zu auf den Weg zu bringen", sagt Professor Karl-Heinz Ladwig vom Helmholtz Zentrum München.

Berücksichtigt werden sollten dabei auch lokale Faktoren wie die Arbeitsmarktsituation, der Sozialstatus oder die Altersstruktur. Den Forschern zufolge spielt das Alter für prähospitale Verzögerungen eine große Rolle. Das wiege besonders schwer in einem Land wie Sachsen-Anhalt, das zu den Regionen mit den ältesten Einwohnern Europas gehört.

Erst 194 bis 230 Minuten später in der Klinik

Laut der Münchener MEDEA-Studie, an der 619 Infarktpatienten teilnahmen, kamen Männer im Schnitt 194 Minuten, Frauen sogar erst 230 Minuten nach den ersten Infarktsymptomen ins Krankenhaus. Bei älteren Patienten (über 65 Jahre) waren die Verzögerungszeiten noch länger (Männer: 222, Frauen: 266 Minuten).

"Wir brauchen dringend Aufschluss darüber, weshalb Infarktpatienten erst spät, oft zu spät medizinische Hilfe über den Notruf 112 anfordern", so Braun-Dullaeus, denn gerade beim Infarkt sei Zeit ein entscheidender Faktor, um schwere Schäden und lebensbedrohliche Komplikationen abzuwenden.

Aufschlüsse erhoffen sich Ärzte und Forscher zugleich vom Regionalen Herzinfarktregister Sachsen-Anhalt (RHESA), in dem sämtliche Infarkte in Halle sowie der ländlichenAltmarkregion erfasst werden. "Unsere Daten können dazu beitragen, geeignete Strategien zur schnelleren Alarmierung des Rettungsdienstes zu entwickeln", so Dr. Stefanie Bohley, RHESA-Koordinatorin.

Die Studie, die ebenfalls von der Deutschen Herzstiftung gefördert wird, hat bereits erste Aufschlüsse über Risikofaktoren gegeben. Danach liegt der Anteil der Raucher, Diabetiker, Hypertoniker und Übergewichtigen in Sachsen-Anhalt über dem Bundesdurchschnitt.

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