Cannabis-Legalisierung

Ärztekammern kritisieren Lauterbachs Cannabis-Gesetzentwurf

Ärztevertreter werfen der Bundesregierung vor, mit der Legalisierung von Cannabis dem Kinder- und Jugendschutz nicht gerecht zu werden. Die Krebshilfe fürchtet einen ansteigenden Tabak- und Nikotinkonsum.

Veröffentlicht:
Die Cannabis-Legalisierung in Deutschland kann kommen. Das Bundeskabinett beschloss einen entsprechenden Gesetzesentwurf von Gesundheitsminister Lauterbach. Kritik kommt aus der Ärzteschaft.

Die Cannabis-Legalisierung in Deutschland kann kommen. Das Bundeskabinett beschloss einen entsprechenden Gesetzesentwurf von Gesundheitsminister Lauterbach. Kritik kommt aus der Ärzteschaft.

© Hannes P. Albert/dpa

Berlin. Die Bundesärztekammer hat am Mittwoch scharfe Kritik am vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf zur Cannabis-Legalisierung geübt. „Wir sind der Überzeugung, dass die angestrebten Ziele, zum einen der Jugendschutz, zum anderen die Eindämmung des Schwarzmarktes, mit diesem Gesetz nicht erreicht werden können“, sagte Dr. Josef Mischo, Co-Vorsitzender des Ausschusses Sucht und Drogen der BÄK, zu den Plänen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Die Studienlage zeige eindeutig, dass es in anderen Ländern im Zuge der Cannabis-Legalisierung nicht gelungen sei, den illegalen Drogenhandel zurückzudrängen.

Lesen sie auch

Zudem sei vollkommen unklar, wie die in dem Gesetzentwurf vorgesehenen Kontrollmechanismen umgesetzt und überwacht werden sollten. Ein weiteres Problem stelle die mit der Legalisierung einhergehende Verharmlosung des Cannabis-Konsums dar, so Mischo: Wo Cannabis zu Genusszwecken freigegeben wurde, sei Studien zufolge der Freizeitkonsum angestiegen. In der Folge hätten Jugendliche aufgrund von Cannabis verstärkt medizinische Hilfe in Anspruch nehmen, Erwachsene häufiger Notaufnahmen wegen akuter cannabisbezogener Probleme aufsuchen müssen. Sogar die Zahl der Verkehrsunfälle unter Cannabis-Einfluss sei gestiegen.

Gefahr eines erhöhten Konsums bei Kindern und Jugendlichen

Kritik auch aus der Landesärztekammer Thüringen: Die Bundesregierung werde damit ihren eigens formulierten Zielen des Kinder- und Jugendschutzes nicht gerecht, urteilte die Kammer am Mittwoch mit. Es bestehe die Gefahr eines erhöhten Cannabis-Konsums bei Kindern und Jugendlichen. Das menschliche Gehirn sei bis zur Vollendung des 25. Lebensjahrs nicht vollständig ausgereift. Durch frühen und häufigen Cannabis-Konsum im Jugendalter drohten medizinische und soziale Einschränkungen wie die Zunahme von Psychosen, Depressionen oder Angststörungen. „Mit Kinder- und Jugendschutz hat das nichts zu tun“, hieß es in der Mitteilung.

Lesen sie auch

Darum sei unbedingt ein massiver Ausbau der Maßnahmen zur Suchtprävention wie beispielsweise von evaluierten Frühinterventionsprogrammen nötig, sagte BÄK-Vorstand Mischo. „Dazu müssten aber auch die Strukturen geschaffen werden. Die Jugendämter müssten finanziell, strukturell und personell entsprechend ausgerüstet werden.“

„Cannabis führt an Tabak- und Nikotinprodukte heran“

Das Aktionsbündnis Nichtrauchen (ABNR) – ein Zusammenschluss 19 bundesweit tätiger Gesundheitsorganisationen – und die Deutsche Krebshilfe sind hinsichtlich der geplanten Cannabis-Regulierung besorgt: „Wir befürchten einen ansteigenden Tabak- und Nikotinkonsum, weil Nichtrauchende durch Cannabis an Tabak- und Nikotinprodukte herangeführt werden und sich für Rauchende der Ausstieg erschweren könnte“, sagte Professor Reiner Hanewinkel, Stellvertretender Vorsitzender des ABNR und Leiter des Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung (IFT-Nord) am Mittwoch.

Das Bundeskabinett brachte am Mittwoch in Berlin den Gesetzentwurf für eine teilweise Cannabis-Legalisierung auf den Weg. Die Pläne sehen vor, Cannabis im Betäubungsmittelgesetz von der Liste der verbotenen Substanzen zu streichen. Für Erwachsene ab 18 Jahren soll der Besitz von 25 Gramm erlaubt werden. Privat sollen maximal drei Cannabis-Pflanzen angebaut werden dürfen. In speziellen Vereinen, sogenannten Cannabis-Clubs, sollen Mitglieder Pflanzen gemeinschaftlich anbauen und die Droge gegenseitig abgeben dürfen. (bar/dpa)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Was die MS-Behandlung auszeichnet

© Suphansa Subruayying | iStock

Lebensqualität

Was die MS-Behandlung auszeichnet

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

© AscentXmedia | iStock

Lebensqualität

Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

© Aleksandr | colourbox.de

Fatal verkannt

Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

© polkadot - stock.adobe.com

Vitamin-B12-Mangel

Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
B12-Mangel durch PPI & Metformin

© Pixel-Shot - stock.adobe.com

Achtung Vitamin-Falle

B12-Mangel durch PPI & Metformin

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Suchtmedizin: ein spannendes und vielfältiges Betätigungsfeld

© Springer Medizin Verlag GmbH

Suchtmedizin: ein spannendes und vielfältiges Betätigungsfeld

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Hexal AG, Holzkirchen
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Berufsrecht

Kollegen als Patienten? Was das fürs Honorar bedeutet

Lesetipps
Gesund durch die Infekt-Saison: Aus einem Cochrane Review geht hervor, dass lediglich eine von 1.000 gegen RSV-geimpften Personen auch an einem Infekt erkrankt.

© anon / stock.adobe.com

Cochrane Review

RSV-Impfung: Risiko schwer zu erkranken sinkt für Senioren

Tetanus, Diphtherie & Pertussis: Regress-Gefahr durch Auffrischung

© Porträt: privat | Spritze: Fied

Sie fragen – Experten antworten

Tetanus, Diphtherie & Pertussis: Regress-Gefahr durch Auffrischung