Hintergrund
Agnes kehrt als Fallmanagerin zurück
Strukturen für die Gesundheitsversorgung im Jahr 2020 - daran arbeiten zwei Kassen und die KV in Brandenburg.
Veröffentlicht:Die Allgemeinärztin Dr. Edda Rinno im brandenburgischen Kyritz klagt über wachsende Arbeitsbelastung. In der strukturschwachen Region werden die Patienten immer älter und kränker, und damit steigt der Verwaltungsaufwand.
Krankenhausaufnahmen und -entlassungen, Hilfsmittelanträge, das Pflegestufenmanagement, die Einleitung von Schwerbehindertenausweisen und dergleichen mehr nehmen immer mehr Zeit in Anspruch.
"Deswegen brauchen wir kompetente Leute, die uns unterstützen", sagt Edda Rinno in einem Film, den die AOK Nordost gedreht hat. Der Film handelt von "Agnes zwei". Fallmanagerin, Hausbesuchskraft, Diabetes-, Rheuma- oder Brustkrebs-Schwester - "Agnes zwei" kann vieles und darf viel mehr als ihre Vorgängerin.
Sie darf nicht nur den Hausarzt unterstützen, sondern auch einen Facharzt, ein Medizinisches Versorgungszentrum oder ein Ärztenetz - und das nicht nur in unterversorgten Gebieten.
Edda Rinnos Agnes zwei heißt Sabine Kruc, ist 37 Jahre alt und Fachwirtin für ambulante Versorgung. Neben dem Fallmanagement übernimmt sie Routinehausbesuche, nimmt Blut ab und gibt Spritzen.
"Die Patienten nehmen diese Versorgung sehr dankbar an. Sie haben einen Ansprechpartner", sagt Sabine Kruc. Und die Ärztin könne sich auf die wichtigen Aufgaben konzentrieren, fügt sie an.
Agnes zwei kann aber auch ganz anders arbeiten, zum Beispiel wie die 39-jährige Evelyn Mende, die in einer gynäkologisch-onkologischen Schwerpunktpraxis in Fürstenwalde tätig ist.
Agnes eins
Die Vorgängerversion von Agnes zwei war als "arztentlastende, gemeindenahe, e-health gestützte, systemische Intervention" von der Universität Greifswald entwickelt worden. Ihr Tätigkeitsspektrum war auf Hausbesuche im Auftrag von Hausärzten in unterversorgten Regionen in Mecklenburg-Vorpommern beschränkt.
Neben dem Fallmanagement übernimmt die gelernte Medizintechnische Assistentin die Studienassistenz und die Verwaltung der Disease-Management-Programme und kümmert sich um Mutter-Kind-Kuren.
"Meine Aufgabe ist es, den Facharzt von nichtärztlichen Tätigkeiten zu entlasten. Die Patientinnen sind sehr froh, dass es jemanden gibt", sagt sie.
Agnes zwei ist das jüngste Produkt der Arbeitsgemeinschaft Innovative Gesundheitsversorgung in Brandenburg (IGIB) von KV Brandenburg, AOK Nordost und Barmer GEK Berlin-Brandenburg, der einzigen Arbeitsgemeinschaft von Kassen und KV, die es bundesweit gibt.
Sie hat sich zum Ziel gesetzt, Versorgungsstrukturen für die Zukunft zu erproben. "Wir wollen Modelle entwickeln, die 2015 bis 2020 in die reguläre Versorgung einziehen", sagt der Regionalchef der Barmer GEK Hermann Schmitt.
Agnes zwei ist ein Baustein im Gesamtkonzept "RegioMed", das die IGIB entworfen hat, betont KVBB-Chef Dr. Hans-Joachim Helming. Seit Januar 2011 sind vier der Schwestern in unterschiedlichen Modellen im Einsatz, drei weitere sind kurz vor dem Start.
"Wir spüren jetzt schon, dass die Nachfrage nach diesem Modell relativ breit ist", sagte Helming in einer ersten Zwischenbilanz. Besonders Arztpraxen mit einem hohen Anteil an chronisch Kranken oder multimorbiden Patienten benötigten eine besonders qualifizierte Kraft, "die das Management für diese komplizierten und zeitaufwändigen Fälle übernimmt", erläutert Helming.
Der Chef der AOK Nordost Frank Michalak empfiehlt das Modell zur Nachahmung. "Wir hoffen, dass die ersten guten Beispiele sich herumsprechen", sagte er. Mit den neuen Einsatzmöglichkeiten sei ein Spektrum geschaffen, bei dem auch die Wirtschaftlichkeit der Schwester besser gegeben sei als beim Vorgängermodell, so Michalak.
Die Finanzierung wird derzeit noch erprobt. Einzelleistungsvergütung, versichertenbezogene Komplexpauschale oder Quartalspauschale und fallzahlunabhängige Pauschalen stehen zur Diskussion.
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