Nordrhein
Aus für Förderung: Operateure bangen um ambulante Struktur
Das ambulante Operieren wird in Nordrhein nicht mehr gefördert. Die Fachärzte fürchten massive Umsatzeinbußen, die an die Substanz gehen. Die Kassen sehen das Problem bei der Aufsicht.
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Ausgeschnitten? In Nordrhein müssen ambulante Operateure einstweilen auf die Förderung verzichten.
© Klaus-Dietmar Gabbert / dpa / picture alliance
Düsseldorf. Fachärzte in Nordrhein befürchten das Aus für das ambulante Operieren in der Region. Ohne die zusätzliche Förderung der Leistungen durch die Krankenkassen werde sich die flächendeckende Versorgung auf hohem Niveau nicht halten lassen, betonen sie.
Die Krankenkassen warnen vor vorschnellen Reaktionen. Sie sind bereit, die gewohnte Förderung auch über das Jahresende hinaus weiter zu bezahlen, brauchen dafür aber noch die Zustimmung der Aufsichtsbehörden in Bund und Land.
Bei den Honorarverhandlungen für 2021 konnten sich die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNo) und die rheinischen Krankenkassen nicht auf die Verlängerung der seit 14 Jahren laufenden Verträge zur Förderung des ambulanten Operierens verständigen. Das hat bei der KVNo und den betroffenen Arztgruppen für Empörung gesorgt.
Durch den Wegfall der bisherigen Zuschläge gehen den ambulanten Operateuren nach Angaben von Dr. Manfred Weisweiler, Vorsitzender des Berufsverbands der niedergelassenen Chirurgen in Nordrhein, zwischen fünf und 15 Prozent des Umsatzes verloren. „Das kann man nicht ersetzen“, sagt Weisweiler der „Ärzte Zeitung“.
Drohende Verlagerung in Kliniken
Betriebswirtschaftlich lasse sich das ambulante Operieren so nicht mehr darstellen. Er kritisiert das Verhalten der Krankenkassen als kurzsichtig. Wenn niedergelassene Ärzte die ambulanten Eingriffe nicht mehr im bisherigen Umfang erbringen können, bedeute das eine Verlagerung in Kliniken und höhere Kosten für die Kassen, so der Chirurg aus Geilenkirchen.
Weisweiler fürchtet einen nachhaltigen Schaden für die Versorgungslandschaft. „Wenn Strukturen wie freie OP-Zentren erst einmal zerschlagen sind, bekommt man sie nicht wieder aufgebaut.“
Die Berufsverbände der Chirurgen, Orthopäden, Urologen, HNO-Ärzte, Gynäkologen, Anästhesisten, Hautärzte und niedergelassenen Gastroenterologen in Nordrhein haben beschlossen, von den Patienten für ambulante Eingriffe ab Januar 2021 eine Kostenzusage von den Krankenkassen zu verlangen. „Das entspricht dem Doppelten des Punktwertes im EBM“, sagt Weisweiler. Die Aktion werde sich jeweils gegen einzelne Kassen richten.
AOK beklagt rechtliche Unsicherheit
Schon jetzt wollen die ambulanten Operateure von den Kassen über die Patienten einen Ausgleich für die in den Praxen entstehenden Kosten für den Hygieneschutz verlangen. „Wir haben eine hohe Kostenstruktur, die nicht gegenfinanziert wird.“ Die nordrheinischen Ärzte orientieren sich an einer Aktion des Bundesverbands für Ambulantes Operieren (BAO) vom März dieses Jahres.
Das Ringen um die Förderung des ambulanten Operierens dürfe nicht auf dem Rücken der Patienten ausgeführt werden, findet Günter Wältermann, Vorstandsvorsitzender der AOK Rheinland/Hamburg. Die Verhandlungen in Nordrhein sind nach seinen Angaben nicht am schlechten Willen der Kassen gescheitert, sondern an rechtlichen Unsicherheiten.
Bei der Überprüfung der Honorarverträge aus den vergangenen Jahren habe das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) – das frühere Bundesversicherungsamt – die Zuschläge für das ambulante Operieren in Nordrhein als rechtlich bedenklich eingestuft.
Kassenchef zuversichtlich
Zwar seien nach einem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) stationsersetzende Leistungen förderungswürdig, sagt Wältermann. Die Kassen hätten aber in den Gesprächen mit der KVNo deutlich gemacht, dass sie zunächst mit den Aufsichtsbehörden klären müssen, ob der Beschluss bei den Verträgen zum ambulanten Operieren in Nordrhein greift.
„Wir wollten nicht in die Lage kommen, das Geld im Nachhinein zurückfordern zu müssen.“ Insgesamt geht es um zehn Millionen Euro im Jahr. „Die Messe ist noch nicht gelesen“, sagt Wältermann.
Er hofft, dass die bisherigen Vereinbarungen bis Ende 2022 fortgesetzt werden können. Dann soll bundesweit ein neuer Katalog stationsersetzender Leistungen vorliegen. Die Krankenkassen würden alles daran setzen, schnellstmöglich Rechtssicherheit zu erhalten. „Wir spielen nicht auf Zeit“, betont er.