Verstopfte Notaufnahmen

BÄK-Chef Reinhardt: Notfallgebühr nicht der Schlüssel zum Erfolg

Sollen Patienten, die ohne vorherigen Kontakt zur Leitstelle in der Notaufnahme aufschlagen, eine Notfallgebühr bezahlen? Der Vorschlag von KBV-Chef Gassen stößt auf Skepsis – auch bei der Bundesärztekammer.

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„Wir brauchen positive Anreize für Patientinnen und Patienten, sich telefonisch unter der 116117 für eine Ersteinschätzung zu melden“: BÄK-Präsident Dr. Klaus Reinhardt.

„Wir brauchen positive Anreize für Patientinnen und Patienten, sich telefonisch unter der 116 117 für eine Ersteinschätzung zu melden“: BÄK-Präsident Dr. Klaus Reinhardt.

© Sina Schuldt / dpa / picture alliance

Berlin. Die Bundesärztekammer (BÄK) zeigt sich hinsichtlich der Steuerungsfunktion einer möglichen Notfallgebühr skeptisch.

Über eine solche Abgabe lasse sich zwar diskutieren. „Der Schlüssel zum Erfolg bei der Bewältigung von Fehlallokationen in der Notfallversorgung ist das aber nicht“, sagte BÄK-Präsident Dr. Klaus Reinhardt der Ärzte Zeitung am Donnerstag.

Entscheide man sich dazu, schlussendlich eine Notfallgebühr einführen, dann sei diese „zwingend“ sozialverträglich zu gestalten, betonte Reinhardt. „Niemand darf finanziell überfordert oder abgeschreckt werden, im Notfall ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.“

Eine entsprechende Regelung müsse zudem pragmatisch und praktikabel sein. „Ansonsten zieht der Schritt nur unnötigen bürokratischen Aufwand nach sich.“

Fehlallokationen anders bewältigen

Reinhardt reagierte damit unter anderem auf einen Vorschlag des Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Gassen. Dieser hatte sich für eine Notfallgebühr in bestimmten Fällen ausgesprochen, um die teilweise „verstopften“ Notaufnahmen der Krankenhäuser zu entlasten.

Die Gebühr solle anfallen, so Gassen, wenn sich Patienten ohne vorigen Kontakt zu einer Notfall-Leitstelle in einer Notambulanz einfänden.

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In der Politik war der Vorstoß bereits auf Ablehnung gestoßen. Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, erklärte, die Notaufnahmen seien derzeit zwar „hoffnungslos“ überlastet. „Aber Patienten dafür den Schwarzen Peter in die Schuhe zu schieben, grenzt an Schäbigkeit.“

Ursache des Übels sei auch, dass seit 1991 mehr als 520 Krankenhäuser geschlossen worden seien und es ein Drittel weniger Krankenhausbetten gebe.

Mehr kooperative Strukturen nötig

BÄK-Chef Reinhardt betonte, entscheidender als die Debatte um eine Notfallgebühr sei es, „dass wir erst einmal die in der Diskussion befindlichen Integrierten Leitstellen und Integrierten Notfallzentren so ausgestalten, dass sinnvolle Kooperationen zwischen niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten sowie Krankenhausärztinnen und Krankenhausärzten möglich werden“.

Das sei auch unter dem Aspekt der Arbeitseffizienz und der begrenzten personellen Ressourcen im Gesundheitswesen wichtig, so Reinhardt. „Wir brauchen positive Anreize für Patientinnen und Patienten, sich telefonisch unter der 116 117 für eine Ersteinschätzung zu melden.“

Von den Kassen wiederum erwarte er, dass sie ihren Versicherten Informationen anbieten, wie sie sich im Notfall angemessen verhalten könnten. „Solche Informationen fehlen weitgehend.“ (hom)

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