Bald Schluss mit der Verordnung geteilter Tabletten?

BERLIN (cw). Was geht Ärzte die neue Apothekenbetriebsordnung an? Im Prinzip erst einmal gar nichts. Doch bei der Versorgung von Pflegeheimbewohnern gibt es kritische Berührungspunkte: Die Rezeptierung halber Tabletten - dort bislang gängige Praxis - wird künftig ganz erheblich erschwert. Konflikte mit den heimversorgenden Apothekern sind vorprogrammiert.

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Denn mit der neuen Apothekenbetriebsordnung, die Ende März den Bundesrat passierte, hat der Gesetzgeber den Offizinbetreibern erstmals ausführliche Vorschriften zum "patientenindividuellen Stellen oder Verblistern von Arzneimitteln" gemacht.

Unter anderem müssen sie in einem eigenen Qualitätsmanagementsystem festlegen, wann ausnahmsweise auch geteilte Tabletten verblistert oder gestellt werden dürfen.

Grundsätzlich, heißt es in der Gesetzesnovelle, "soll das nachträgliche Verändern des Fertigarzneimittels verhindert werden".

Zu den Ausnahmen gesellen sich verschärfende Bestimmungen hinzu: So etwa muss der verordnende Arzt die Verblisterung geteilter Tabletten schriftlich anfordern.

Zudem ist die Abgabe geteilter Tabletten vor dem Hintergrund fehlender Versorgungsalternativen zu begründen. Und schließlich muss die Stabilität des geteilten Produkts nachgewiesen sein.

Auf die Verordnung geteilter Tabletten verzichten?

Vor allem diese letzte Hürde dürfte im Alltag schier unüberwindlich werden, denn entsprechende Daten werden weder vom Hersteller erhoben, noch von den Zulassungsbehörden verlangt.

Der Verband der Patientenindividuellen Arzneimittelverblisterer (BPAV) ist deshalb der Ansicht, dass "die Zeiten der Zwischenlagerung geteilter Tablettenstücke beendet" sind.

Der Verband vertritt die Interessen der professionellen Blisterzentren, die schon seit geraumer Zeit kritisieren, dass geteilte Tabletten verordnet werden. Denn ihnen, die anders als die einzelnen Apotheker auf der Grundlage der Herstellerlaubnis nach Arzneimittelgesetz (AMG) arbeiten, ist die Neuverpackung geteilter Tabletten bereits heute strikt untersagt.

Künftig, so der BPAV weiter, werde das Teilen "nur dann pharmazeutisch korrekt möglich sein, wenn zur sofortigen Verwendung manuell geteilt und die Reststücke verworfen werden".

In der Praxis der Heimversorgung, wo die Verblisterung durch vertraglich gebundene Apotheker eine immer größere Rolle spielt, bedeutet die Neuregelung, dass Ärzte entweder auf die Verordnung geteilter Tabletten verzichten müssen - oder aber die Heime auf die Rationalisierungseffekte der Verblisterung.

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 07.04.201216:58 Uhr

Profi-Blisterer?

Der Verband der Patientenindividuellen Arzneimittelverblisterer (BPAV) vertritt lediglich die Eigeninteressen der professionellen Blisterzentren. Diese möchten der GKV Extra-Geld für überteuerte und häufig unnötige Dienstleistungen aus dem Kreuz leiern bzw. sind genau das Gegenteil von individualisierter Medizin.

Denn ideal sind den Profi-Blisterern nur Dauerpatienten ohne Heilung und Besserung, frei von Nebenwirkungen, Neuerkrankungen und Noncompliance bzw. ohne Wechselwirkungen, Therapie- und Lebensstiländerungen bis ans Lebensende. Nur für diese begrenzte Zielgruppe kann man 4-6 Wochen im Voraus die Medikation festlegen und be-(ver)siegeln. Kein Wunder, dass da halbe Tabletten stören und - geniale Idee - "die Reststücke verworfen werden".

Rationalisierungseffekte der Verblisterung für Heime und Pflegestationen relativieren sich. Dort eingespartes Personal refinanziert die Verblisterungsindustrie. Direkte Medikations-, Gesprächs- und Kontrollkontakte in der Krankenpflege- und Betreuungsinteraktion entfallen. Und die recht häufig notwendigen Entblisterungen stören und kosten dabei nur zusätzlich.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Dr. Michael Kirsch 06.04.201214:17 Uhr

Unzureichende Berichterstattung in der Ärztezeitung

Dieser Beitrag ist ein illustratives Beispiel für eine "neutrale" und damit einer Ärztezeitung gar nicht angemessene Berichterstattung.

Natürlich kann man die Forderung des Verband der Patientenindividuellen Arzneimittelverblisterer so kommentieren. Aber mir fehlt jegliche angemessene Stellungnahme, was das für die Ärzte zu bedeuten hat.

Die Verordnung von geteilten Tabletten hat doch einen Sinn. Das ist in den weitaus meisten Fällen wirtschaftlicher hinsichtlich des Medikamentenbudgets und billiger für die Patienten, die nicht von der Zuzahlung befreit sind.

Die Forderung des BPAV, die sehr wahrscheinlich neben den formal juristischen Aspekten auch im Sinne der eigenen Arbeitserleichterung gestellt wurde, geht also unweigerlich zu Lasten der Patienten und der verordnenden Ärzte.

Warum wird das so in der Ärztezeitung nicht benannt? Fehlt es an den Wissen um solche Zusammenhänge oder fehlt es an der Bereitschaft, die Konsequenzen solcher Forderungen für die Ärzte auch klar zu benennen?

Dipl.-Med Torsten Lange 06.04.201213:07 Uhr

Wer übernimmt die Mehrkosten ?? Die Apotheker ?

Ärzte verordnen gerne halbe Taben weil es sinnvoll ist, nicht aus Desinteresse, vor allem weil es wirtschaftlicher und besser für die mögliche Therapieänderung ist:

Bsp:Halbe Dosis meistens Kostengünstiger als die volle Dosis
( Bsp Patient soll 1x 2,5 mg Bisoprolol erhalten,
bei einer Bsp.-Firma 5 mg N3 = 13,24 € reicht es für 200 Tage dann
bei der gl. Firma 2,5 mg N3 = 11,82 € reicht allerdings nur für 100 Tage, also 23,64 € für 200 Tage

macht also eine Mehrkostendifferenz von 10,40 € aus .... die dann vom Apotheker, damit er es besser und leichter verblistern kann, übernommen werden, wie gesagt nur ein Bsp., hier gibt es sicher andere Kosten-Bsp.

MfG
aus Rostock,

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