Baden-Württemberg
Barmer fordert Strukturreformen in der Gesundheitspolitik
Die Barmer in Baden-Württemberg fordert mit Blick auf die Landtagswahl Strukturreformen in der Gesundheitspolitik – Baustellen gebe es reichlich.
Veröffentlicht:Stuttgart. Die Barmer in Baden-Württemberg fordert angesichts der Corona-Pandemie Konsequenzen für die Gesundheitspolitik. „Ein ‚Weiter so‘ kann es nicht geben, dafür ist auch finanziell in den kommenden Jahren die Luft zu dünn“, sagt Winfried Plötze, Landesgeschäftsführer der Barmer, der „Ärzte Zeitung“.
Nicht nur mit Blick auf die Landtagswahl am 14. März sei die Pandemie ein Katalysator, um über Konsolidierung und Strukturreformen in der Gesundheitspolitik nachzudenken, fordert Plötze: „Das gilt vor allem für die sektorübergreifende Versorgung, die bisher vernachlässigt worden ist.“
Die Barmer sehe ein großes Potenzial hierfür in regionalen Versorgungsverbünden. „Diese müssten aus meiner Sicht zwingend landkreisübergreifend angelegt sein“, fordert Plötze.
Die Rolle des sektorenübergreifenden Landesausschusses, der bisher nur beratenden Charakter hat, könnte aufgewertet werden. „Wichtig ist mir, dass Initiativen für solche Versorgungsverbünde aus der Mitte der Selbstverwaltung kommen müssen“, so der Landesgeschäftsführer.
„Es geht nicht um Klinikschließungen“
Bei der stationären Versorgung wird es nach Ansicht der Barmer auch nach dem 14. März darum gehen müssen, einzelne Krankenhäuser in andere Versorgungsformen überzuleiten. „Dabei geht es nicht um Schließungen“, betont Plötze. Den Willen zu einer langfristigen Transformation der Krankenhauslandschaft sieht die Barmer im Südwesten als gegeben an.
Bei der Qualitätsorientierung in der Krankenhausplanung sieht die Kasse dagegen noch Luft nach oben. Das Aussetzen der planungsrelevanten Qualitätsindikatoren bezeichnet Plötze als einen „Fehler“. Denn ein alternatives System sei seitdem vom Land nicht entwickelt worden. „Ich hoffe daher, dass auch künftig Anstöße für eine veränderte Krankenhausplanung vom Gemeinsamen Bundesausschuss kommen“, so Plötze.
Ein wichtiges Element der Sicherstellung der Versorgung wird nach seiner Ansicht künftig eine stärkere Delegation ärztlicher Aufgaben sein. Eine Kompetenzübertragung setze aber voraus, dass auf Bundesebene die Berufsgesetze der nichtärztlichen Heilberufe modernisiert werden. Dass dies bisher „allenfalls in Ansätzen“ geschehen ist, bezeichnet Plötze als „Versäumnis“. Denn gerade junge Ärztinnen und Ärzte hätten ein anderes Verständnis von Teamarbeit als frühere Ärztegenerationen.
Land muss wieder in Pflegestrukturplanung einsteigen
Als unverzichtbar bezeichnet es der Landesgeschäftsführer, dass das Land wieder in die Pflegestrukturplanung einsteigt. Dies müsste flankiert werden mit einer Investitionskostenfinanzierung der stationären Pflege – aus der das Land 2010 ausgestiegen war.
Diese zusätzlichen Mittel sollten vor allem zur Schaffung von Kurzzeitpflegeplätzen verwendet werden, fordert Plötze. Mehrere Parteien – auch die CDU – haben sich in ihren Wahlprogrammen für eine Rückkehr zur Pflegestrukturplanung ausgesprochen.
In diesem Zusammenhang wertet Plötze das Vorhaben der großen Koalition in Berlin, die pflegebedingten Eigenanteile für die Pflegebedürftigen zu deckeln, mit Skepsis. „Hier wird suggeriert, dass ein Heimplatz in Zukunft monatlich 700 Euro kostet, was definitiv nicht der Fall sein wird“, moniert er. Die Eigenanteile für Pflegeheimbewohner liegen im Südwesten bei über 2300 Euro pro Monat.
Die meisten Menschen wollen zu Hause gepflegt werden
Die allermeisten Menschen wollten zu Hause gepflegt werden. Daher sollten besser die pflegenden Angehörigen vor Ort oder am Arbeitsplatz unterstützt werden, indem mehr Tages- und Kurzzeitpflegeplätze geschaffen werden, wirbt Plötze.
Als Ideenspeicher für Verbesserungen in der pflegerischen Versorgung sieht die Barmer auch die Pflege-Enquete des baden-württembergischen Landtags, die 2016 ihren Abschlussbericht vorgelegt hat. Jetzt, fünf Jahre später, sollte ein Resümee gezogen werden, welche Empfehlungen der Enquetekommission umgesetzt wurden.
„Grundsätzlich sollte das Thema Pflege bei den Kommunalen Gesundheitskonferenzen platziert werden. Wenn es um eine konkrete Pflegebedarfsplanung geht, dann kann auch die Einrichtung von Kommunalen Pflegekonferenzen sinnvoll sein“, so Plötze. Das letztere Instrument wird insbesondere von den Grünen im Landtag verfolgt. (fst)