Arzneiinnovationen

Barmer wirbt für neue Bewertungshürden

Der Ruf nach neuen Hürden in der Arzneimittelbewertung wird lauter. Jetzt hat die Barmer GEK eine Schnellbewertung von Arzneimittelinnovationen bei Markteintritt gefordert.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Neue Hürden für Arzneiinnovationen will die Barmer GEK.

Neue Hürden für Arzneiinnovationen will die Barmer GEK.

© cxvalentina / fotolia.com

BERLIN. Die Diskussion über das Hepatitis C-Präparat Sovaldi® wirkt nach. Die Barmer GEK fordert nun eine Bewertungshürde bei Markteintritt und Kosten-Effektivitätsbewertungen im Verlauf des Produktzyklus´.

"Für besonders versorgungsrelevante Arzneimittel sollte es künftig eine Schnellbewertung direkt bei Markteintritt und eine Kosten-Nutzen-Bewertung spätestens nach fünf Jahren geben", sagte Barmer-GEK-Chef Dr. Christoph Straub bei der Vorstellung des Arzneimittelreports 2015 am Mittwoch in Berlin.

Gelten solle diese Regel für Arzneimittel mit einem Jahresumsatz für die GKV von 80 Millionen Euro. Derzeit erreichen nach Barmer GEK-Berechnungen von den 1815 patentgestützten Arzneimitteln 34 diese Marke.

Diese Gruppe komme mit 6,64 Milliarden Euro Jahresumsatz auf gut die Hälfte des GKV-Gesamtumsatzes mit patentgeschützten Fertigarzneimitteln von 12,25 Milliarden Euro.

Ausgelöst hat diese Überlegungen der Auftritt des Hepatitis-C-Medikaments Sovaldi®, das nach Angaben Straubs binnen eines Jahres in die Top Ten der ausgabenstärksten Arzneimittel bei der Barmer GEK aufgestiegen ist.

Erstmals hat Report-Autor Professor Gerd Glaeske von der Universität Bremen die Rolle der Parenteralia deutlich herausgearbeitet. Mit Trastuzumab, Bevacizumab und Rituximab sind bereits drei dieser im Offizin individuell zubereiteten Onkologika unter den umsatzstärksten zehn Präparaten der Barmer GEK vertreten.

Eine GKV-weite Analyse liege dafür noch nicht vor, sagte Glaeske. So lauten die Vorschläge der Barmer:

Schnellbewertung: Direkt bei Markteintritt sollen gesundheitsökonomische Informationen über die innovativen Arzneimittel gewonnen werden. Hersteller sollen nachvollziehbar begründen, auf welcher Basis sie den Anstiegspreis festgesetzt haben. Geklärt werden soll, was ein Zusatznutzen kostet. Beispiel: Zu welchem Preis beeinflusst ein neues Medikament Laborwerte oder den Blutzucker günstig.

Kosten-Nutzen-Bewertung: Kosten-Nutzen-Bewertungen sollen nach den Barmer GEK-Vorstellungen drei bis fünf Jahre nach Markteintritt zur Regel werden. Der GBA solle bei versorgungsrelevanten Arzneimitteln das IQWiG mit Kosten-Nutzen-Bewertungen unter Alltagsbedingungen beauftragen können. Geprüft werden könnten Patientendaten zur Krankheitsdauer und Nebenwirkungen. Die Ergebnisse sollten die Basis für neue Preisverhandlungen sein.

Die Reaktion der Pharmahersteller erfolgte prompt: "Eine Schnellbewertung neuer Arzneien löst weder die Versorgungsprobleme der Patienten noch die Strukturprobleme des AMNOG, sagte Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des Verbands forschender Pharmaunternehmen (vfa).

Die Bewertungspraxis senke häufig die Anreize, innovative Medikamente in die Versorgung zu bringen. Die starke Stellung des GKV-Spitzenverbands in der Bewertung von Innovationen und bei den Preisverhandlungen überakzentuiere die Kostendämpfungsinteressen, sagte Fischer.

Die bisherigen Versuche, die Preise von neuen Arzneimitteln auf ein erträgliches Maß zu senken, hätten die Erpressbarkeit des Solidarsystems durch die Industrie bei Innovationen nicht verringert, sagte die arzneimittelpolitische Sprecherin der Linken, Kathrin Vogler. Nötig sei eine transparente behördliche Preisfestsetzung.

Die Umsetzung der Barmer GEK-Pläne würden eine Änderung des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes erforderlich machen.

Im Frühjahr soll der derzeit zwischen Regierung und Pharmaherstellern laufende Pharma-Dialog enden. Politiker haben bereits angekündigt, dass das AMNOG dann aufgeschnürt werden könnte.

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

EU-Pharma Agenda: Impulse für die Arzneimittelversorgung in Deutschland

Arzneimittelversorgung in der EU: Status und Ausblick aus Sicht der GKV

Kooperation | Eine Kooperation von: AbbVie Deutschland, DAK Gesundheit, MSD Sharp & Dohme, Novo Nordisk, Roche Pharma, vfa und Xcenda

Welche Endpunkte sind patientenrelevant?

Studienendpunkte in der frühen Nutzenbewertung aus Sicht des IQWiG

Kooperation | In Kooperation mit: AbbVie Deutschland, DAK Gesundheit, MSD Sharp & Dohme, Novo Nordisk, Roche Pharma, vfa und Xcenda

EU-Pharma Agenda: Impulse für die Arzneimittelversorgung in Deutschland

Pharma-Agenda: Deutschland nach der Bundestagswahl

Kooperation | In Kooperation mit: AbbVie Deutschland, DAK Gesundheit, MSD Sharp & Dohme, Novo Nordisk, Roche Pharma, vfa und Xcenda
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Blutzuckervariabilität

Wie die Time Below Range das Diabetes-Management verbessert

Let‘s talk about...

Tabuthema Sex: Wie spricht man es in der Sprechstunde an?

Lesetipps
Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung

Schwindel kann viele unterschiedliche Ursachen haben. Mit den richtigen Fragen kommt man aber zur richtigen Diagnose.

© Andrey Popov / stock.adobe.com

BAM-Kongress 2025

Schwindel in der Hausarztpraxis: Fünf Fragen zur Ursachenfindung

Prophylaktische Maßnahmen sind der beste Weg, um Infektionen bei Krebspatientinnen und -patienten zu verhindern. Während und nach ihrer Chemotherapie sind sie dafür besonders anfällig. (Symbolbild)

© RFBSIP / stock.adobe.com

Vorbeugen ist besser als heilen

Wie die Infektionsprophylaxe bei Krebspatienten gelingt