Union und FDP wollen die zersplitterte Pflegeausbildung in einem Berufsgesetz zusammenführen. Ein solches Gesetz, mahnen Experten, muss aber unbedingt auch die Kompetenzen und Aufgaben von Pflegekräften regeln.

Von Thomas Hommel

Monatelang fürchteten Pflegeverbände, der neue Bundesgesundheitsminister Dr. med. Philipp Rösler kümmere sich nur um die Nöte der Ärzte, nicht aber um die Sorgen der 1,2 Millionen professionell Pflegenden in Deutschland.

Jetzt scheint sich das Blatt zu wenden. Der junge FDP-Minister hat das kommende Jahr flugs zum "Pflege-Jahr dieser schwarz-gelben Koalition" erklärt. Bevor über Geld gesprochen werde, solle über Menschen - die, die pflegen, und jene, die gepflegt werden wollen im Alter - geredet werden, so Röslers Ansage zum Auftakt des "Pflegedialogs" mit Vertretern der Pflegekassen und der Berufsverbände Anfang Dezember in Berlin.

Erst über Menschen, dann über Finanzen reden

Seht her, so wird´s gemacht: Drei Pflegeausbildungen in Deutschland sollen in einem Berufsgesetz zusammengeführt werden.

Seht her, so wird´s gemacht: Drei Pflegeausbildungen in Deutschland sollen in einem Berufsgesetz zusammengeführt werden.

© Westermann / imago

Seither wird kaum noch ein Interview mit dem Minister gedruckt, bei dem das Wort Pflege nicht einen zentralen Platz einnimmt. Mit Blick auf den "vorhergesagten Fachkräftemangel" müssten dringend mehr junge Menschen für den Pflegeberuf gewonnen werden, betont Rösler dann in aller Regel.

Dazu müsse der Pflegeberuf attraktiver gemacht werden. Durch höhere Gehälter, bessere Arbeitsbedingungen und eine Reform der Ausbildung, mit der die bislang getrennten Ausbildungswege zu Kinderkranken-, Alten- und Krankenpflegern in einer grundständigen Ausbildung mit anschließender Spezialisierung zusammengeführt werden. Pflegeschüler bekämen dadurch mehr Flexibilität zu entscheiden, wo und wen sie später einmal pflegen möchten, ist Rösler überzeugt.

Wer macht was: Das soll geregelt werden

Bei den Berufsverbänden steht die Zusammenführung der drei Pflegeausbildungen seit Jahren ganz oben in ihren Forderungskatalogen. Der Gesetzgeber dürfe es dabei aber nicht bewenden lassen. "Jetzt geht es nicht nur um die kosmetische Zusammenführung der drei Berufsbilder.

Was wir brauchen, ist ein Pflegeberufsgesetz mit klarer Kompetenzdefinition und Verantwortungskriterien - vergleichbar dem in Österreich", fordert etwa Rolf Höfert, Geschäftsführer des Deutschen Pflegeverbands (DPV).

Bislang sei in Deutschland nur die Ausbildung einer Pflegefachkraft gesetzlich geregelt - "also das, was sie können muss", erläutert der Pflegeexperte. Welche Aufgaben ihr im Berufsalltag vorbehalten seien und welche Pflichten sie habe, stehe dagegen in keinem Gesetz drin. Reiner Selbstzweck sei ein Berufsgesetz für Pflegende deshalb nicht. "Nur mit einem Berufsgesetz ist eine sichere Zusammenarbeit mit Ärzten, der Laienpflege und anderen Gesundheitsberufen möglich", glaubt Höfert.

Auch Andreas Westerfellhaus, Präsident des Deutschen Pflegerats, betont. "Es muss klar geregelt werden, wer wofür steht und wofür haftet." Die Haftungsfrage stelle sich etwa im Zusammenhang der Delegation ärztlicher Tätigkeiten an Pflegefachkräfte. In vielen Kliniken werde oftmals "zwischen Tür und Angel" delegiert, berichtet Westerfellhaus. Für Rechtssicherheit sorge das nicht.

Bereits bestehende Berufsordnungen in drei Bundesländern - Bremen, Saarland, Hamburg - reichten nicht aus, um die bestehende Gesetzeslücke zu schließen, sagt Experte Höfert. "Es fehlt uns ein bundeseinheitlicher Rahmen, eine Art Straßenverkehrsordnung, die Pflege in ganz Deutschland und nicht bloß in den einzelnen Ländern regelt."

Für Minister Rösler wird das auch im Koalitionsvertrag angekündigte Berufsgesetz Pflege alles andere als ein gemütlicher Sommerspaziergang. Er muss die Länder mit ins Boot holen, die für Berufszulassung und Berufsausübung von Pflegefachkräften zuständig sind. Die Länder aber haben - das weiß der Ex-Landespolitiker Rösler aus eigenen Erfahrungen - oft andere Interessen als der Bund.

Es bleibt also abzuwarten, ob und wie schnell sich beide Seiten auf das von Experten heiß ersehnte Berufsgesetz Pflege verständigen können.

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