Masken- und Testpflichten

Bundestag nickt Corona-Schutzkonzept für Herbst ab

Nach hitziger Debatte hat der Bundestag am Donnerstag die neuen Pandemieregeln für Herbst und Winter auf den Weg gebracht. Jetzt muss noch die Länderkammer zustimmen.

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Blick in den Bundestag: Das Parlament hat am Donnerstag die neuen Corona-Maßnahmen beschlossen. Bundesweit gelten soll ab 1. Oktober unter anderem eine FFP2-Pflicht in Arztpraxen.

Blick in den Bundestag: Das Parlament hat am Donnerstag die neuen Corona-Maßnahmen beschlossen. Bundesweit gelten soll ab 1. Oktober unter anderem eine FFP2-Pflicht in Arztpraxen.

© Jens Krick/Flashpic/picture alliance

Berlin/München. Bundesweite FFP2-Maskenpflicht in Pflegeheimen, Arztpraxen, Krankenhäusern und Fernzügen, dazu eine Masken- und Testnachweispflicht für den Zutritt zu Krankenhäusern sowie zu voll- und teilstationären Pflegeeinrichtungen sowie für Beschäftigte ambulanter Dienste: Der Bundestag hat am Donnerstag die neuen Corona-Schutzmaßnahmen für Herbst und Winter beschlossen.

Zustimmen muss dem Paket, das an das COVID-19-Schutzgesetz drangehängt ist, noch der Bundesrat. Die Regeln sollen ab 1. Oktober gelten und am 7. April 2023 auslaufen.

Kritik kam prompt aus Bayern. Der dortige Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) nannte den Gesetzentwurf der Ampel trotz einiger Korrekturen „mangelhaft“. Unter anderem fehlten Leitplanken für die Länder für mögliche neue Schutzmaßnahmen. „Jetzt droht ein Flickenteppich an Regeln in Deutschland, der die Akzeptanz der Bevölkerung mindert.“

Lauterbach: Länder können zielgenau handeln

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sieht in den vorgesehenen Corona-Regeln für den Herbst dagegen passende Instrumente zur Kontrolle aller vorstellbaren Szenarien. „Wir ermöglichen es den Ländern, zielgenau je nach pandemischer Lage genau das anzubieten, was notwendig ist – nicht mehr, aber auch nicht weniger“, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag im Bundestag. Die Länder könnten und würden darauf zurückgreifen. „Wir werden die Lage im Griff haben.“

Lauterbach verwies neben den Bestimmungen im Infektionsschutzgesetz auch auf eine weitere Impfkampagne mit Präparaten, die an neue Virusvarianten angepasst sind, und einen stärkeren Einsatz von Medikamenten bei Erkrankten. Zudem solle es bessere, tagesaktuelle Daten zur Klinikbelegung geben.

Ullmann: Corona-Politik ins Parlament zurückgeholt

Das Gesetzespaket sieht wieder weitergehende Regeln zu Masken und Tests vor. Die Länder sollen die Vorgaben etwa zu Maskenpflichten in Innenräumen verhängen und bei kritischer Lage auch ausweiten können.

Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion und Arzt, Professor Andrew Ullmann, betonte, die Ampel habe die „Verhältnismäßigkeit von Grundrechtseingriffen als Hauptkriterium in die Corona-Politik wiedereingeführt und das Parlament als Letztentscheider wieder in sein Recht gesetzt“.

Union fürchtet Regel-Wirrwarr im Herbst

Lauterbach verteidigte es erneut als vertretbar, dass die lange geltende Maskenpflicht in Flugzeugen vorerst enden soll. „Obwohl die Luftdurchwälzung im Flugzeug nicht perfekt ist, ist sie doch deutlich intensiver als in einem Bus oder einem Zug.“ Wenn die Corona-Lage es notwendig mache, werde die Bundesregierung aber per Verordnung auch in Flugzeugen eine FFP2-Maskenpflicht wiedereinführen.

Die Opposition kritisierte die Pläne der Ampel-Koalition scharf. Der CDU-Gesundheitsexperte Tino Sorge warf der Koalition „erhebliche handwerkliche Mängel“ vor. Auch Linke und AfD übten scharfe Kritik.

Sorge sprach von „halbgaren Kompromissen“ und sagte über das geplante Gesetz: „Es wird zu einem Wirrwarr führen im Herbst.“ Kathrin Vogler von den Linken kritisierte die Pläne als unplausibel. „Und das wird es den Menschen wahnsinnig schwer machen.“ Die Union forderte im Übrigen insbesondere ein Ende der Impfpflicht für Gesundheitseinrichtungen. Die AfD mahnte ein Ende der Corona-Maßnahmen an.

Laborärzte warnen vor Überlastung in Praxen und Kliniken

Vor dem Bundestagsbeschluss hatte sich bereits der Vorsitzende des Berufsverbands Deutscher Laborärzte (BDL), Dr. Andreas Bobrowski, zu Wort gemeldet. Er kritisierte die Entscheidung der Ampel, dass sich medizinisches Personal nicht mehr unter Aufsicht auf das Coronavirus testen lassen müsse. Infektionen bei asymptomatischen Beschäftigten in Gesundheitseinrichtungen würden mit Antigen-Schnelltests jedoch nicht gut erkannt, so Bobrowski.

Erwartbar sei, dass die Infektionszahlen bei den vereinbarten Lockerungen bei Infektionstests und Schutzmaßnahmen außerhalb der Gesundheitseinrichtungen wieder anstiegen. Praxen und Krankenhäusern könnten womöglich „an ihre Grenzen kommen, wenn es auch zu einem starken Ausbruch der Influenza oder respiratorischer Viren kommt“. (hom/dpa)

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