DKG fordert Neubau der Selbstverwaltung

Im Vorfeld des Versorgungsgesetzes hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft eine politische Runde eröffnet: Vor einer Aufwertung des Gemeinsamen Bundesausschusses solle die Reform des Ausschusses stehen, fordert die Vertretung der Krankenhäuser.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Allein auf weiter Flur: So fühlt sich die DGK mitunter angesichts des Stimmübergewicht der Krankenkassen im GBA.

Allein auf weiter Flur: So fühlt sich die DGK mitunter angesichts des Stimmübergewicht der Krankenkassen im GBA.

© dpa

BERLIN. Im Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) entscheiden seit Januar 2008 immer alle über alles. Das will die Deutsche Krankenhausgesellschaft ändern. In einem Positionspapier, das der "Ärzte Zeitung" vorliegt, macht der Vorstand der Gesellschaft Vorschläge, wie der GBA künftig aufgestellt sein sollte.

Bei einem Empfang in der vergangenen Woche hatte DKG-Chef Dr. Rudolf Kösters die politische Runde eröffnet. Wenn der GBA mit dem geplanten Versorgungsgesetz noch mehr Aufgaben übertragen bekommen sollte, dann müssten seine Konstruktionsmängel beseitigt werden.

Als solche habe er unter anderen die Rolle der unparteiischen Vorsitzenden und die Allzuständigkeit der Beschlusskammer ausgemacht, sagte Kösters. Die demokratische Legitimation des GBA wolle die DKG nicht in Frage stellen, wohl aber seine Spielregeln.

Weil der GBA seine Beschlüsse im Plenum fasst, sind die niedergelassenen Ärzte, die Zahnärzte und die Vertreter der Krankenhäuser verpflichtet, sich mit allen Themen zu befassen. Ob sie ein Thema unmittelbar betrifft oder nicht. In den vergangenen drei Jahren habe der GBA 480 Beschlüsse gefasst. Lediglich 150 hätten die Krankenhäuser betroffen, heißt es in dem Positionspapier.

Viel schwerer als der in dem Papier beklagte unverhältnismäßig hohe Arbeitsaufwand dürfte aber der berufspolitische Hintergrund wiegen.

Ein von einer Richtlinie betroffener Leistungserbringer stehe bei den Beschlüssen in vollständiger Abhängigkeit von der Positionierung und der Vorbereitung der anderen.

Die Abhängigkeiten im GBA nerven die Krankenhäuser

Jeder einzelne Leistungserbringer könne gegen das Stimmübergewicht der gesetzlichen Krankenkassen aber nur bestehen, wenn er mindestens zwei der unparteiischen Mitglieder auf seine Seite ziehen könne.

Konkret bedeute dieses Ungleichgewicht, dass bei einer Entscheidung über den stationären Sektor lediglich zwei Vertreter der Krankenhäuser in einem Gremium mit insgesamt 13 Stimmen mitentschieden.

Im Plenum des GBA halten die gesetzlichen Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) fünf Stimmen, die niedergelassenen Ärzte (KBV) zwei und die Krankenhäuser (DKG) ebenfalls zwei. Dazu kommen drei unparteiische Stimmen. Bei einem Patt entscheidet der unabhängige GBA-Vorsitzende. Aktuell übt Dr. Rainer Hess das Amt aus.

Aus dem FDP-geführten Bundesgesundheitsministerium und der CDU/CSU-Mehrheitsfraktion im Deutschen Bundestag ist im Vorfeld der politischen Auseinandersetzung um die medizinische Versorgung in Deutschland bereits bekannt geworden, dass der GBA zum Beispiel die ambulante spezialärztliche Versorgung in Richtlinien konkretisieren solle.

Das ist nur eines der Themen, in denen der niedergelassene und der stationäre Sektor im GBA aufeinander prallen. Es ist daher kein Wunder, dass der DKG die Konkurrenz im Plenum des GBA nicht behagt. Die mache gemeinsame Abstimmungen der Leistungserbringer oft unmöglich.

Jeder Sektor soll getrennt marschieren

Die DKG kritisiert nicht nur. Sie unterbreitet auch Vorschläge, wie der GBA künftig arbeiten solle.

Das derzeitige Plenum solle sich in drei sektorspezifische Gremien für die niedergelassenen Ärzte und Zahnärzte sowie für die Krankenhäuser aufspalten, die jeweils paritätisch aus fünf Mitgliedern der gesetzlichen Krankenkassen und fünf der jeweiligen Leistungserbringerseite besetzt sein sollten.

Ausnahmen bildeten nach den DKG-Vorschlägen ein Ausschuss Arzneimittel, in dem vier GKV-Vertreter je zwei Vertretern der KBV und der DKG gegenübersitzen sollten, und ein sektorenübergreifender Ausschuss, der besetzt sein sollte wie heute das Plenum. Den Vorsitz in den Ausschüssen soll jeweils ein neutrales Mitglied übernehmen.

Legt die DKG die Axt an die Selbstverwaltung?

Die Patientenvertreter sollen weiterhin mit beraten, aber kein Stimmrecht erhalten. Zu den Forderungen der Arzneimittelhersteller und der Medizinproduktehersteller, ebenfalls im GBA mitwirken zu dürfen, äußert sich die DKG nicht.

Die unabhängigen Mitglieder sollen zunächst kein Stimmrecht haben. Entsteht in einem Ausschuss ein Patt, lebt sein Stimmrecht in der Folgesitzung wieder auf. An dieser Folgesitzung sollen zwei weitere neutrale Mitglieder teilnehmen.

Der unparteiische Vorsitzende des GBA, Dr. Rainer Hess, hat als "Privatperson" auf die DKG-Vorschläge reagiert. Wenn der GBA zu den sektorenbezogenen Abstimmungen zurückkehre, "fällt alles wie ein Kartenhaus zusammen".

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