Reproduktionsmedizin

Der Schutz des BSG greift

Schnellere Klagen gegen Konkurrenten, aber auch mehr Sicherheit in den Zulassungsverfahren - das hat den Reproduktionsmedizinern die aktuelle Rechtsprechung des BSG beschert. Zustimmung kommt vom Vorsitzenden ihres Bundesverbands.

Martin WortmannVon Martin Wortmann Veröffentlicht:
Eine MTA lagert am Zentrum für Reproduktionsmedizin in Münster Samenproben ein.

Eine MTA lagert am Zentrum für Reproduktionsmedizin in Münster Samenproben ein.

© Gentsch / dpa

BERLIN. Deutschlands Reproduktionsmediziner begrüßen die für sie ergangene jüngste Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Die Kasseler Richter hätten die Bedarfsprüfung gefestigt und mehr Klarheit geschaffen, sagte der Vorsitzende des Bundesverbandes Reproduktionsmedizinischer Zentren Deutschlands (BRZ), Ulrich Hilland, der "Ärzte Zeitung".

Reproduktionsmediziner benötigen neben der Zulassung oder Ermächtigung durch die KV auch einer Genehmigung, meist durch die Landesärztekammer.

Im Streit um eine Zweigpraxis in Kassel von einer Ärztin aus Göttingen hatte das BSG entschieden, dass zunächst die Kammer den Antrag prüfen und dabei auch die Versorgungssituation mit in den Blick nehmen soll. Die KV soll die Sache unterdessen aussetzen.

Anträge dürfen danach nicht allein deshalb abgewiesen werden, weil die jeweils andere Bescheinigung noch fehlt. Für eine Zweigpraxis reicht es aber nicht aus, wenn sie nur ein eingeschränktes Angebot vorhält und Patientinnen für weitere Leistungen an die Hauptpraxis verweist.

Bestehende Zentren können schon vor der Zulassung klagen

Als Konsequenz aus diesem Verfahren entschied das BSG zudem, dass bestehende Zentren nicht erst gegen die Zulassung, sondern auch schon gegen die Genehmigung klagen können.

Zur Begründung wies das BSG darauf hin, dass reproduktionsmedizinische Praxen besonders stark von Konkurrenz betroffen seien, weil sie sich wegen der notwendigen personellen und sachlichen Ausstattung meist komplett auf entsprechende Leistungen ausrichten.

Bislang sei in vielen Regionen die Bedarfsgerechtigkeit zu wenig geprüft worden, sagte Hilland. Bestehende Beschränkungen würden mit dem Versuch umgangen, eine Filialpraxis zu gründen. Häufig handele es sich hier um sogenannte Akquisepraxen. Das BSG habe nun klargestellt, dass dies nicht zulässig ist.

Hilland bedauerte, dass es noch keine offiziellen Anhaltszahlen des Gemeinsamen Bundesausschusses für den Bedarf an Reproduktionsmedizinischen Zentren gibt. Üblich werde von einem Zentrum pro 800.000 Einwohner ausgegangen. Es gebe aber bereits bundesweit 128 Zentren - das entspricht einem Zentrum auf 627.000 Einwohner.

Es sei daher davon auszugehen, dass sich bestehende Zentren vermehrt gegen Neu- oder Zweiggründungen wehren. Es stelle sich auch die Frage, ob jüngere Zulassungen noch angefochten werden können, etwa "weil die Bedarfsprüfung unterblieben ist".

Dialyse als Vorbild?

Ob und unter welchen Voraussetzungen dies zulässig ist, hat das BSG noch nicht entschieden. Generell gelte eine Monatsfrist, wenn die bereits bestehenden Praxen über den neuen Wettbewerber informiert wurden, erklärte der Medizinrechtler Ronny Hildebrandt aus dem neu eröffneten Düsseldorfer Büro der Kanzlei Dierks und Bohle.

Anders könne es aber ohne eine solche Information aussehen. Für Dialysepraxen habe das BSG dann eine Frist von einem Jahr ab Tätigkeitsaufnahme festgesetzt. Er gehe davon aus, dass dies "auf die Drittanfechtung reproduktionsmedizinischer Genehmigungen übertragbar sein dürfte", erklärte Hildebrandt der "Ärzte Zeitung".

Zur Begründung der Jahresfrist bei der Dialyse hatte das BSG 2012 auf das Interesse der Planungssicherheit für den neu zugelassenen Arzt verwiesen. Wenn dessen Tätigkeit ein Jahr lang unbemerkt bleibe, sei zudem nicht von einer wesentlichen wirtschaftlichen Beeinträchtigung für bestehende Konkurrenzpraxen auszugehen.

Az.: B 6 KA 28/12 R und B 6 KA 29/12 R (Zweigpraxis, Genehmigungsverfahren), B 6 KA 5/15 R (Konkurrentenklage) sowie B 6 KA 40/11 R und B 6 KA 42/11 R (Konkurrentenklage Dialyse)

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