Kommentar – Gutachten des Sachverständigenrats

Der Weg der Weisen

Wolfgang van den BerghVon Wolfgang van den Bergh Veröffentlicht:

Um Gottes willen – nicht noch so eine Jammer-Arie: "Es war einmal ein starkes Land" – der Abgesang auf Fußball, Politik und Wirtschaft. Nein, unser Gesundheitswesen liegt nicht am Boden, und Patienten können weiterhin davon ausgehen, von engagierten Ärztinnen und Ärzten in Klinik und Praxis gut versorgt zu werden.

Dennoch: Das aktuelle von den Gesundheitsweisen vorgelegte Gutachten ist nicht nur eine schonungslose Analyse des Ist-Zustands, sondern es wartet mit einem ganzen Bündel von Empfehlungen und Maßnahmen auf, um Über-, Unter- und Fehlversorgung zu bekämpfen.

Moment, da war doch was? Richtig! Erinnert sei an die harschen Reaktionen auf die Systemanalyse der Sachverständigen im August 2001. Damals ging es um die Versorgung chronisch Kranker und überflüssige Doppeluntersuchungen.

Heute erstreckt sich das Urteil der Weisen über nahezu alle Versorgungsbereiche. Sie belassen es allerdings nicht nur bei der Kritik, sondern bieten konkrete Lösungen an. Beispiel: die Überwindung der Schnittstellen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung.

Die Notfallversorgung könnte hier zur Blaupause werden. Die Schlüsselbegriffe lauten "Integrierte Leitstelle" und "Integriertes Notfallzentrum". Beide Einrichtungen sollen das ersetzen, was gängige Praxis ist: kassenärztlicher Bereitschaftsdienst, Rettungsdienst und Notfallaufnahmen an Kliniken, sicherlich keine Erfolgsgeschichte.

Der Rat urteilt: "Viele Hinweise legen nahe, dass die Versorgung nicht bedarfsgerecht erfolgt." Fehlanreize und Fehlsteuerung gehören zu den häufigsten Vokabeln, die die Gutachter in ihrer Status-quo-Analyse nennen.

Das gilt auch für den ambulanten Bereich und hier vor allem für die Niederlassung in Ballungszentren und in strukturschwachen Gebieten.

Die Vorschläge reichen von der Zulassung auf Zeit für MVZ und BAG, über saftige Honorarzuschläge für Landärzte bis hin zur Diskussion über eine Kontaktgebühr für den direkten Facharztbesuch ohne Überweisung. Hausärzte, Augenärzte, Gynäkologen, Psychiater und Kinderärzte sollen davon ausgenommen werden – ein klares Plädoyer für ein Primärarztsystem.

Am Ende sind es fast 70 Einzelempfehlungen, die die Sachverständigen auflisten – der größtmögliche Diskussionsbeitrag, den es dazu in letzter Zeit gegeben hat.

Der würde ausreichen, das gesundheitspolitische Arbeitsprogramm für mindestens drei Legislaturperioden zu bestimmen. Es wird Zeit, dass die Politik wieder handlungsfähig wird.

Lesen Sie dazu auch: Sachverständigenrat: 70 Empfehlungen für eine bessere Versorgung Notfallversorgung soll über "Integrierte Notfallzentren" laufen

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Manchmal kommt Künstliche Intelligenz ziemlich abstrakt daher. Doch es gibt zunehmend auch konkrete Anwendungen, sogar für Arztpraxen.

© 3dkombinat - stock.adobe.com

Praxisorganisation

Mit KI zu mehr Entlastung fürs Praxisteam

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Dr. med. Gerhard M. Sontheimer (ANregiomed, Region Ansbach) und Holger Baumann (Kliniken der Stadt Köln, v.l.) haben in der Praxis gute Erfahrungen mit Systempartnerschaften gemacht.

© Philips

Mehr Spielraum für moderne Prozesse in der Klinik

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Philips GmbH Market DACH, Hamburg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Lungensurfactant

Warum Seufzen der Atmung gut tut

Lesetipps
Der Rücken eines Mannes mit Gürtelrose zeigt Vesikel.

© Chinamon / stock.adobe.com

Alter für Indikationsimpfung herabgesetzt

STIKO ändert Empfehlung zur Herpes zoster-Impfung

Mammografie-Screening bei einer Patientin

© pixelfit / Getty Images / iStock

Prävention

Mammografie-Screening: Das sind Hindernisse und Motivatoren