Kommentar
Der bevormundete Patient
Wieder einmal wird er wortreich beschworen: der "mündige Patient", der in Sachen der persönlichen Gesundheit autonom sein soll und deshalb auch Zugang zu soliden medizinischen Informationen haben muss.
Und die Wirklichkeit? Über Jahre hinweg ist auf europäischer Ebene zäh darüber gerungen worden, ob und wie der Austausch von Informationen über Arzneimittel vom Arzneimittelhersteller zum Patienten gestaltet sein soll. Die bisherige Rechtslage untersagt den Unternehmen sogar die Publikation des Beipackzettels - immerhin eine amtlich genehmigte Information - im Internet.
Als warnendes Beispiel wurden immer wieder die USA angeführt, die 1997 die Direktwerbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel beim Endverbraucher erlaubt haben. Doch dies war in Europa nie intendiert.
Worüber das Europäische Parlament am Mittwoch entscheidet, ist eine vorsichtige Liberalisierung der Informationsrechte von Patienten und der Informationsmöglichkeiten der Industrie. Aber unter staatlicher Aufsicht. Was die Gesundheit angeht, gilt entgegen der deutschen Verfassung: Eine Zensur findet doch statt.
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