Corona und Kindeswohl

Diese fünf Forderung sollen Kinder sicher durch die Pandemie bringen

Kinder und Jugendliche leiden massiv unter den Corona-Maßnahmen. Ein vom Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten (bvvp) initiiertes Bündnis fordert von der Politik ein Entgegensteuern.

Madlen SchäferVon Madlen Schäfer Veröffentlicht:
Kinder leiden erheblich unter den Corona-Maßnahmen. Ein Bündnis aus Psychotherapeuten und Pädiatern will gegensteuern.

Kinder leiden erheblich unter den Corona-Maßnahmen. Ein Bündnis aus Psychotherapeuten und Pädiatern will gegensteuern.

© dpa

Berlin. Der Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten (bvvp) kritisiert den Umgang der Politik mit der Psyche von Kindern und Jugendlichen scharf. In der Pandemie werde die Industrie als absolut systemrelevant dargestellt. „Auch Kinder und Jugendliche sind sehr systemrelevant“, sagt Benedikt Waldherr, Vorstandsvorsitzender des bvvp.

Gemeinsam mit fünf weiteren Verbänden, darunter dem Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Deutschland (bkjpp), dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (bvkj), dem Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten (bvvp), der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung (DPtV) und der Vereinigung analytischer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (VAKJP), fordert er deshalb ein entschlossenes Handeln für die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen.

Erhöhter Nachfragedruck in Praxen

Die Psychotherapeuten spüren über den erhöhten Nachfragedruck auf ihre Praxen, wie stark Kinder und Jugendliche vom Lockdown betroffen seien. Kinder und Jugendliche weisen unter anderem vermehrt Angst- und Zwangsstörungen, depressives und externalisierendes Verhalten, Vereinsamung und Motivationsverlust auf, zudem gebe es mehr innerfamiliäre Konflikte bis hin zur Kindeswohlgefährdung, erklärt Dr. Thomas Fischbach, Präsident des BVJK. Dies belegt auch die COPSY-Studie (Corona und Psyche) vom Universitätsklinikums Hamburg Eppendorf. Demnach leidet beinahe jedes dritte Kind unter psychischen Auffälligkeiten. „Wir als Psychotherapeuten kommen gar nicht hinterher, die zunehmenden Störungen zu behandeln“, sagt Waldherr.

Unter dem Slogan „Kinder und Jugendliche brauchen mehr“ forderten die Verbände in einer Online-Diskussion ein politisches Maßnahmenpaket. 23 weitere Verbände unterstützen die Forderungen. Das Bündnis, welches insgesamt 60 .000 Ärztinnen und Ärzte vertritt, stellte insgesamt fünf Kernforderungen auf, um die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen sofort zu verbessern:

  • Unter anderem soll ein Kinder- und Jugendrat analog dem Ethikrat errichtet werden, der sich für ihre Interessen einsetzt. „Ziel ist, gemeinsam nach Lösungen zu suchen, wie Kinder und Jugendliche während des Lockdowns aber auch in der Folgezeit dauerhaft besser unterstützt werden können“, sagt Dr. Helene Timmermann vom VAKJP.

Zentrale Hilfsnummer für Kinder in Not

  • Bisherige Angebote wie die Nummer gegen Kummer würden derzeit nicht mehr ausreichen. Zusätzlich soll deshalb eine zentrale und deutschlandweit erreichbare Hilfsnummer für Kinder und Jugendliche in Pandemie-Zeiten eingerichtet werden, damit sie in einem geschützten Bereich und fachkompetenter Beratung über ihre Probleme reden können, fordert BVKJ-Chef Fischbach.
  • Kurzfristige und langfristige Freizeitangebote: Kontakte zu Gleichaltrigen seien trotz Pandemie nötig, um psychische Folgen bei Kindern und Jugendlichen zu verhindern. Gerade jetzt seien tägliche, kostenlose und flächendeckende Sport-, Bewegungs- und kulturelle Aktivitäten an öffentlichen Orten – mit Einhaltung der AHA-Regeln – erforderlich wie etwa Laufspiele, Krafttraining, Yoga, singen, zeichnen oder Graffiti. „All das kann Teilhabe am sozialen und kulturellen, gesellschaftlichen Leben ermöglichen“, sagt Ariadne Sartorius, Vorstandsmitglied des bvvp.

Außerschulischen Aktivitäten fördern

  • In der Pandemie seien wichtige Bereiche für die Kinder und Jugendlichen weggebrochen, die aber für eine gesunde Entwicklung unabdingbar seien. Es fehle vor allem an außerschulischen Aktivitäten. Eine Initiative zur Unterstützung von soloselbstständigen Kulturschaffenden und beschäftigungslos gewordenen Personen aus dem Kultur- und Sportbereich soll diese als Honorarkräfte anwerben, um längerfristige Projekt umzusetzen, so sagt Dr. Gundolf Berg, Vorsitzender des BKJPP.
  • Bereits jetzt müsse für die Zeit nach der Pandemie geplant werden, um Hilfs- und Unterstützungsangebote auf den Weg zu bringen. „Der Fokus darf dann nicht nur auf dem versäumten Schulstoff liegen“, meint Michaela Willhauck-Fojkar vom DPtV. Sobald es die Situation erlaubt, müsse ein breites Angebot an außerschulischen Freizeitaktivitäten bereitgestellt sein. Um etwa zu Musikprojekten, Bewegungsangeboten oder Möglichkeiten für soziales Miteinander zu gelangen, soll außerdem der Nahverkehr ein Jahr kostenlos genutzt werden können.
Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

© Spinger Medizin Verlag

Vitamin C als hochdosierte Infusionstherapie

Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Für Menschen ab 60 Jahren sind die Impfungen gegen Influenza, Corona, Pneumokokken und Herpes zoster (beide nicht im Bild) Standard-Impfungen. Für Menschen ab 75 Jahren kommt die RSV-Impfung hinzu.

© angellodeco / stock.adobe.com

Respiratorisches Synzytial Virus

STIKO: Alle Menschen ab 75 gegen RSV impfen!

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Studie VISION-DMD: motorische Funktion TTSTAND-Geschwindigkeit unter Vamorolon 6mg/kg/Tag im Vergleich zu Placebo (erstellt nach [13])

© [M] Springer Medizin Verlag GmbH; Santhera Germany GmbH

Therapie der Duchenne-Muskeldystrophie mit Kortikosteroiden über alle Altersstufen

Grundlagen und Real-World-Erfahrungen mit Vamorolon

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Santhera Germany GmbH, München
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Körperliche Aktivität

Gegen chronische Kreuzschmerzen hilft Gehen – und zwar täglich

Sichere Therapie

Gicht: Wer bekommt gefährliche Allopurinol-Nebenwirkungen?

Lesetipps
Eine Person balanciert auf einem Grad.

© RFBSIP / stock.adobe.com

Große Datenbankanalyse

Schwindel als mögliches Warnsignal für Alzheimer

RSV-Impfung: Was empfiehlt die DEGAM für Pflegeheimbewohner?

© Porträt: Antje Boysen / DEGAM | Spritze: Fied

Sie fragen – Experten antworten

RSV-Impfung: Was empfiehlt die DEGAM für Pflegeheimbewohner?

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung