Großbritannien

Drei Millionen Geister-Patienten

NHS-Hausärzte führen sie seit Jahren in ihren Krankenakten, doch angeblich gibt es sie gar nicht mehr– Geister-Patienten im NHS sorgen für heftige Debatten.

Arndt StrieglerVon Arndt Striegler Veröffentlicht:
In Großbritannien führen Hausärzte Krankenakten von Patienten, die es gar nicht mehr gibt.

In Großbritannien führen Hausärzte Krankenakten von Patienten, die es gar nicht mehr gibt.

© Xygo_bg / iStock / Thinkstock

LONDON. In Großbritannien gibt es rund drei Millionen "Geister-Patienten", für die staatliche Hausärzte zwar Krankenakten führen, die aber real gar nicht existieren. Das ist das Ergebnis einer neuen Untersuchung, die im Königreich für Schlagzeilen sorgt.

Wie Mitarbeiter der Organisation "NHS Digital" kürzlich in London sagten, seien bei den Hausärzten des staatlichen britischen Gesundheitsdienstes (National Health Service, NHS) gegenwärtig 57,3 Millionen Patienten registriert. Um in Großbritannien Zugang zu Gesundheitsleistungen inklusive Fachärzten und Krankenhäusern zu haben, muss sich der Patient zunächst als Patient bei einem NHS-Hausarzt registrieren lassen.

Doch obwohl britische Hausärzte 57,3 Millionen eingeschriebene Stammpatienten haben, dürften es laut offiziellen Zahlen der Regierung nur 54,3 Millionen Menschen sein. Gesundheitspolitische Beobachter spekulieren, dass Hausärzte bewusst "Geister-Patienten", die nicht existieren, in ihren Listen führen, um finanzielle Vorteile zu erlangen. Pro eingeschriebenem Patient kassiert der Arzt vom Staat jährlich 141 Pfund (rund 155 Euro). Allerdings bestreiten ärztliche Berufsverbände, dass böse Absicht hinter den vermeintlich frisierten Patientenlisten steht.

"Ich glaube, dass die Patientenlisten stimmen und dass die Zahlen der Regierung falsch sind", so Dr. Richard Vautrey von der British Medical Association (BMA). Und: "Viele Patienten sind bei mehr als einem Hausarzt eingeschrieben. Und wir wissen außerdem, dass es bei der jüngsten Volkszählung Unstimmigkeiten und Ungenauigkeiten gab." Viele Menschen haben das Land verlassen oder sind gestorben, stehen aber immer noch auf den Listen.

Das Gesundheitsministerium kündigte unterdessen eine Untersuchung an. Ein Sprecher des Ministeriums wies indes darauf hin, dass die Differenz bei den Patientenzahlen den NHS und damit den britischen Steuerzahler jährlich rund 400 Millionen Pfund (mehr als 420 Millionen Euro) koste. Britische Medien spotteten, dass der Gesundheitsdienst in "Ghost Buster" (Geisterjäger) investieren sollte, um dem Spuk ein Ende zu setzen.

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