Arznei-Tests

EU-Parlament bremst Kommission

Der sehr forschungsfreundliche Entwurf für eine EU-Verordnung zu klinischen Tests wird im EU-Parlament sehr kritisch bewertet.

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Ort des Widerstands: das EU-Parlament.

Ort des Widerstands: das EU-Parlament.

© Getty Images/iStockphoto

BRÜSSEL/BERLIN. Begleitet von heftigem Protesten aus Deutschland hat das Europäische Parlament am Dienstag erstmals über einen EU-Verordnungsentwurf zu klinischen Tests an Menschen beraten.

Die Vorlage der EU-Kommission hat das Ziel, die EU als Standort für klinische Tests attraktiv zu erhalten. Das vereinfachte Verfahren für die Genehmigung klinischer Prüfungen sieht vor, dass etwa auf das Votum von Ethikkommissionen verzichtet werden kann.

Am Dienstag hat die britische Europa-Abgeordnete Glenis Willmott dem Gesundheitsausschuss des Europäischen Parlaments Änderungsvorschläge präsentiert.

Die Berichterstatterin im Ausschuss nimmt dabei viele der auch in Deutschland geäußerten Kritikpunkte auf.

Klargestellt wird, dass eine Ethikkommission obligatorisch in den Genehmigungsprozess eingeschaltet werden muss. Der Entwurf der Kommission sei bei diesem Punkt "zu vage" geblieben, heißt es.

Ergänzungen schlägt Willmott mit Blick auf klinische Tests an besonders "vulnerablen" Gruppen vor. Diese sollen nur genehmigt werden, wenn die Betroffenen entweder direkt selber von den Ergebnissen profitieren oder die Gruppe, der der Testteilnehmer angehört. Fremdnützigkeit soll dadurch ausgeschlossen werden.

Konziser formuliert sind die Kriterien für die Aufklärung von Teilnehmern. Wo möglich, soll der Aufklärung über mögliche Risiken ein Gespräch vorangehen. "Ausreichend Zeit" müsse zur Verfügung stehen, um die Teilnahme zu überdenken.

Wo der Kommissions-Entwurf fordert, die Genehmigungsprozedere eines Tests solle "flexibel und effizient" sein, da stellt die Berichterstatterin klar, dass Sicherheit und Wohlergehen der Testteilnehmer alle anderen Erwägungen überlagern.

Willmott will sich für mehr Transparenz im Umgang mit Studienergebnissen einsetzen. "Es ist unverzichtbar, dass wir auch über negative Studienergebnisse informiert werden", so die Labour-Abgeordnete.

Sie will auch erreichen, dass Studiendaten nicht mehr als vertraulich gelten, wenn ein neues Medikament die Marktzulassung erhalten hat. Sie fordert zudem eine EU-weite Datenbank, in der alle Studien noch vor ihrem Start registriert werden.

Unterdessen haben Bundesärztekammer-Chef Dr. Frank Ulrich Montgomery und Dr. Peter Liese, gesundheitspolitischer Sprecher der konservativen EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, ihre Kritik am Kommissionsentwurf bekräftigt.

Beide halten die Einbindung von Ethikkommissionen im Vorfeld klinischer Tests für unverzichtbar: "Wir dürfen nicht hinnehmen, dass Arzneimitteltests nur da durchgeführt werden, wo ein niedriges Schutzniveau für Patienten besteht. Dieses Ethik-Shopping können weder Ärzte noch Politiker verantworten", sagte Montgomery. (fst)

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