Ein Schuss vor den Bug der deutschen Krankenhaus-Manager

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BERLIN (HL). Die Leistungen deutscher Krankenhäuser werden von Patienten hoch eingeschätzt, und zwar sowohl das Können von Ärzten und Pflegekräften als auch die technische Ausstattung. Gleichwohl müssen sich Klinikmanager Sorgen machen. Denn die Klage von Ärzten und Schwestern über Arbeitsstress ist keine Larmoyanz, sondern wird von vielen Patienten objektiv beobachtet und bestätigt.

Wie die Bevölkerung und wie Patienten über die Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens denken, hat der Finanzdienstleister MLP durch eine Repräsentativumfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach feststellen lassen. Das Ergebnis: Technik und Hotellerie sind nahezu Spitze - aber Kostendruck und Rationalisierung gehen erkennbar auf die Knochen der Mitarbeiter in Krankenhäusern. Dass auch ihre Arbeit gute Noten bekommt, scheint am persönlichen Engagement zu liegen.

So fällt das generelle Urteil der 1880 Befragten über die Krankenhäuser überwiegend gut aus: 44 Prozent haben einen guten Eindruck, 39 Prozent sagen "teils/teils", elf Prozent haben keinen guten Eindruck.

Jeder vierte Patient sieht sich als Nummer in der Masse

Weitaus positiver ist die Meinung derer, die als Patient in den vergangenen zehn Jahren im Krankenhaus waren: 91 Prozent sind mit der medizinischen Versorgung zufrieden oder sogar sehr zufrieden, über die Pflege sagen dies 85 Prozent. Zu 77 und 68 Prozent bekommen auch Unterbringung und Verpflegung gute Noten - was allerdings auch in etwa den hohen Erwartungen entspricht.

Zu den positiven Aussagen der Patienten über Kliniken zählen: sehr sauber (76 Prozent), hilfsbereites Pflegepersonal (76 Prozent), modernste medizinische Einrichtung (57 Prozent), besonders gute Ärzte (50 Prozent).

Auf diesen Lorbeeren dürfen sich Klinikmanager allerdings nicht ausruhen. Die Patienten spüren, dass das Personalmanagement nicht stimmt. 53 Prozent kritisieren, dass Ärzte zu wenig Zeit für den einzelnen Patienten haben, 43 Prozent klagen über überlastetes Pflegepersonal. Zu wenig Pflegepersonal, sagen 37 Prozent, ein Viertel stellt Mangel an Ärzten fest. Immerhin jeder vierte Patient empfindet sich als Nummer und beklagt den Massenbetrieb.

Aus vorangegangenen Befragungen lässt sich ein Trend ablesen: Der Druck auf Ärzte wächst - und die Patienten spüren dies. 1995 sagten nur 31 Prozent, Ärzte hätten zu wenig Zeit, aktuell sind es 53 Prozent. Zu wenig Ärzte, sagten vor zwölf Jahren nur zwölf Prozent - mit 25 Prozent sind es jetzt doppelt so viele.

Auffällig: Privatpatienten bekommen von Stress und Hektik der Ärzte und Schwestern weniger mit; unter ihnen klagen nur 31 Prozent über Zeitmangel der Ärzte und 27 Prozent über stark belastetes Pflegepersonal. Besonders gute Ärzte lobten 66 Prozent der Privatpatienten.

Wie wird die Arbeit der Ärzte gesehen? Hier hat Allensbach zwischen dem Fernbild - das wäre also eher die Perspektive der Gesunden - und dem Nahbild - also die Perspektive des Patienten - unterschieden.

Das Ergebnis: Das Urteil über Ärzte, die aus der Patientenperspektive erlebt werden, fällt deutlich positiver aus als das Urteil aus zweiter Hand.

Patienten würdigen das Engagement von Ärzten

Beispiel: 37 Prozent glauben, dass Ärzte vertrauenerweckend sind und ihren Beruf verstehen - unter den Patienten sind 60 Prozent dieser Meinung. Freundlichkeit und Umgänglichkeit billigen 37 Prozent den Ärzten zu - der eigene Arzt wird von 59 Prozent so erlebt. Ärzte haben wenig Zeit, sagen 71 Prozent, unter den Patienten sind es 55 Prozent. Fast jeder zweite Befragte glaubt, dass Ärzte sich bei Privatpatienten mehr Mühe geben - von den Befragten, die selbst Patient sind, haben dies nur 19 Prozent so erlebt. Das heißt: Manches, was öffentlich thematisiert wird, wie etwa der Trend zu Zwei-Klassen-Medizin, wird offenbar dramatisiert. Aber existent ist das Phänomen der Zwei-Klassen-Medizin durchaus.

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