Notfallversorgung bei der KV Berlin

"Einiges ist bei uns nicht in Ordnung"

Ist die KV Berlin in der Lage, den Notdienst sicherzustellen? Zweifel daran wurden bei einer Veranstaltung der Landesgesundheitskonferenz laut. Die Kassen winken jetzt mit dem Prügel Honorarkürzungen.

Julia FrischVon Julia Frisch Veröffentlicht:
Letzter Ausweg Notaufnahme – weil ambulante Praxen geschlossen sind? Diese Debatte gärt in Berlin.

Letzter Ausweg Notaufnahme – weil ambulante Praxen geschlossen sind? Diese Debatte gärt in Berlin.

© Angelika Warmuth / dpa

BERLIN. Als Repräsentant der KV Berlin hatte Dr. Burkhard Ruppert, seit Mai stellvertretender KV-Vorsitzender, beim Gesundheitsforum der Landesgesundheitskonferenz keinen leichten Stand.

Viele Vorschusslorbeeren verteilten die Teilnehmer zwar an den neuen KV-Vorstand, und wiederholt wurde die Hoffnung geäußert, dass bei der Weiterentwicklung der Notfallversorgung eine bessere Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten herrschen werde als unter dem alten Vorstand der KV.

Doch in freundliche Worte verpackt musste sich Ruppert von Politikern und Vertretern aus Krankenhaus, GKV und Patientenschutz vorhalten lassen, dass die KV Schwierigkeiten habe, den vertragsärztlichen Notdienst sicherzustellen. Als Indiz dafür genannt wurden zum einen die überfüllten Notaufnahmen an den Krankenhäusern.

Vergeblich einen Vertragsarzt gesucht

57 Prozent der Patienten, die eine Notfallambulanz aufsuchten, hätten vorher versucht, einen niedergelassenen Arzt während der Öffnungszeiten zu erreichen, zitierte Dr. Rotraut Asche, Chefärztin an der zentralen Aufnahme und Diagnostik des Königin Elisabeth Herzberge-Krankenhauses, aus einer Untersuchung.

Als weiteres Indiz für die Probleme beim Notdienst führte sie die derzeit zwölf Portalpraxen in Berlin an, von denen elf mit Krankenhaus-Ärzten, aber nur eine, am Unfallkrankenhaus (UKB), mit Vertragsärzten besetzt sei. Für die Portalpraxis am UKB seien darüber hinaus nicht einmal die Dienstpläne für das vierte Quartal 2017 gesichert, verwies Asche auf einen Internetaufruf der KV.

Es falle der KV offenbar schwer, Vertragsärzte für den Notdienst zu finden. Angesichts dieser knappen Ressourcen wären dann auch Ideen, Nicht-Notfall-Patienten aus den Protalpraxen an Vertragsärzte mit freien Terminen zu vermitteln, kaum umsetzbar.

Rotraut Asche wie auch Kerstin Bockhorst vom GKV-Spitzenverband und Karin Stötzner, Patientenbeauftragte des Landes Berlin, brachten deshalb Honorarkürzungen bei der KV ins Spiel. Bockhorst: "Wenn die KV ihrem Sicherstellungsauftrag nicht nachkommt und die Krankenhäuser einspringen müssen, dann müssen wir diese Ressourcen vergüten und muss das muss zulasten des KV-Budgets gehen."

In eine ähnliche Kerbe schlug Gesundheitsstaatssekretär Boris Velter. Er sei dafür, dass es lokal unterschiedliche Regelungen gebe und hätte "keine Scheu davor", den Sicherstellungsauftrag für den Notdienst "anders zu vergeben". "Das soll keine Drohung sein", fügte Vettel gleich an, aber es sei "eine Entwicklung in Deutschland".

KV-Vizevorstand Burkhard Ruppert gestand zu, dass die KV sich Gedanken machen müsse, woher die ärztlichen Kapazitäten für den Notdienst künftig kommen sollen. Die Besetzung der Portalpraxen sei schwierig, bei dem Verdienst bestehe noch Verbesserungspotenzial. "Wir wollen keine Zwangsverpflichtungen, brauchen aber attraktivere Angebote", so Ruppert.

KV immer mehr in der Defensive

"Es ist sicher einiges bei uns nicht in Ordnung", sagte Ruppert. Die KV arbeite daran, mit allen Beteiligten gemeinsame Lösungen für eine "intelligente" Patientensteuerung über eine integrierte Leitstelle zu erarbeiten. Es werde keine Tabus geben, sagte Ruppert.

Er verwies auf die Leistungen, die der vertragsärztliche Notdienst erbringe und betonte, dass auch nicht alle Notfälle in der Statistik auftauchten: Er behandle jeden Tag in seiner pädiatrischen Praxis akut behandlungsbedürftige Patienten. "Und so geht es vielen meiner Kollegen."

Ruppert stellte die Frage in den Raum, ob die Stadt Berlin knapp 40 Notaufnahmen benötige und damit nicht erst den Bedarf bei Patienten wecke, statt einer Praxis die Notfallambulanz aufzusuchen.

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