Kritik an GVWG-Paragrafen
Fachverbände: Praxis-Ranking für Psychotherapeuten ist problematisch
Berlin. Ein Praxis-Ranking für Psychotherapeuten hält ein breites Bündnis von Fachverbänden für problematisch. Die Kritik bezieht sich auf die im Gesundheitsversorgungs-Weiterentwicklungsgesetz (GVWG) vorgesehene Anfügung im SGB V, Paragraf 136a Absatz 6.
In einer neuen Richtlinie sollen bis Ende 2022 vom Gemeinsamen Bundesausschuss erstmals einrichtungsbezogene Vergleiche anhand von Qualitätsindikatoren festgelegt und so ein Benchmark der Praxen begründet werden. „Die Veröffentlichung der Vergleichsdaten hat einrichtungsbezogen und mindestens jährlich auf Basis aktueller Qualitätsdaten zu erfolgen“, heißt es in dem Gesetzentwurf.
Verbände: Risikoadjustierung nicht umsetzbar
Die Verbände kritisieren, „dass die im Entwurf erwähnte Risikoadjustierung in psychotherapeutischen Praxen nicht umsetzbar sei. Eine hohe Diversität der Störungsbilder und die aufgrund der zeitintensiven Behandlung kleinen Fallzahlen in den Praxen verhinderten eine angemessene Einteilung von Patienten in Risikoklassen und ließen keine statistisch verlässlichen Aussagen über die Qualität einer Praxis zu, heißt es in der gemeinsamen Stellungnahme.
Zudem gebe es eine hohe Zahl hochkomplexer Behandlungsfälle mit unsicherer Prognose. Die Behandlungsmöglichkeiten und -voraussetzungen seien unterschiedlich zu bewerten. Es müsse daher bezweifelt werden, dass im psychotherapeutischen Bereich die sehr vielfältigen und in ihrer Kombination unterschiedlichen Risikofaktoren mit vertretbarem Aufwand angemessen erfasst werden könnten.
Ranking könnte falsche Anreize setzen
Zudem befürchten die Psychotherapeuten, dass ein Ranking falsche Anreize setzen könnte. „Praxen könnten sich genötigt fühlen, verstärkt Patienten mit besserer Prognose und geringeren Behandlungsschwierigkeiten aufzunehmen, um ihr Praxis-Ranking nicht zu gefährden“, heißt es.
Bei den Qualitätsvergleichen von Krankenhäusern sei dieser Effekt leider schon zu beobachten. „Diese Anreize würden die Versorgung nicht verbessern, sondern gingen zulasten der „schwierigen“ Patienten und müssten unbedingt verhindert werden.
Die Verbände sprechen sich in ihrer Stellungnahme grundsätzlich für mehr Transparenz und Qualität in der Versorgung aus. Das geplante Vorgehen berge jedoch erhebliche Risiken und werde im Bereich der ambulanten Psychotherapie keine Wirkung im Sinne der Qualitätssicherung hervorbringen, heißt es in der Stellungnahme der fünf Verbände. (chb)