Pflege und Beruf
Familienministerin Paus: Wollen informell Pflegende stärker unterstützen
„Pflegende Erwerbstätige brauchen dringend mehr Zeit und mehr Flexibilität, denn Pflegeverläufe sind nicht planbar“, erklärt Familienministerin Paus – und bekräftigt den Reformwillen der Koalition.
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„Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ist ein zentraler Baustein zur Eindämmung der Pflegekrise“: Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne).
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Berlin. Bundesfamilienministerin Lisa Paus hat eine „grundlegende Reform“ zur besseren Vereinbarkeit von Pflege und Beruf angekündigt. „Pflegende Erwerbstätige brauchen dringend mehr Zeit und mehr Flexibilität, denn Pflegeverläufe sind nicht planbar“, sagte die Grünen-Politikerin am Donnerstag.
Zuvor hatte der unabhängige Beirat für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf seinen zweiten Bericht an die Ministerin überreicht. Das 21-köpfige Gremium wurde 2015 ins Leben gerufen. Die Mitglieder werden vom Bundesfamilienministerium berufen.
Einkommensverluste ausgleichen – „jedenfalls teilweise“
Paus erklärte, ihr Ziel sei es, dass pflegebedingte Einkommenseinbußen, „jedenfalls teilweise“, ausgeglichen würden – so wie es im Koalitionsvertrag der Ampel angekündigt sei. Auch sollten über nahe Angehörige hinaus alle Nahestehenden bei Entlastungen einbezogen sein, „da dies unserer gelebten sozialen Realität entspricht“.
Pflaster draufgeklebt
Was das neue Pflegegesetz regelt – und was Kritikern darin zu kurz kommt
Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf stelle eine „große gesellschaftspolitische Aufgabe“ und einen „zentralen Baustein zur Eindämmung der Pflegekrise“ dar, betonte die Ministerin. Ihr Haus arbeite derzeit an einer Reform der Familienpflegezeit.
Zum Hintergrund: Ende 2021 waren in Deutschland laut Statistischem Bundesamt knapp fünf Millionen Menschen pflegebedürftig – mehr als 80 Prozent werden zu Hause versorgt, mehrheitlich durch Angehörige und Nahestehende. Von den 5,3 Millionen pflegenden Angehörigen und Nahestehenden sind etwa drei Millionen erwerbstätig. Der Großteil der informellen Pflege wird von Frauen geleistet.
Rechtsanspruch seit Januar 2015
Zum 1. Januar 2015 wurde ein Rechtsanspruch auf eine Familienpflegezeit – quasi als Lohnersatzleistung – eingeführt. Damit können Beschäftigte ihre wöchentliche Arbeitszeit für maximal 24 Monate auf bis zu 15 Stunden reduzieren, wenn sie einen pflegebedürftigen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen. Die Regelung gilt nicht gegenüber Arbeitgebern mit in der Regel 25 oder weniger Beschäftigten, wobei Auszubildende nicht mitgerechnet werden.
Laut Expertenbeirat soll der zeitliche Rahmen für die Leistung auf 36 Monate ausgedehnt werden. Sechs Monate sollen sich informell Pflegende ganz freistellen lassen – für die restlichen 30 Monate soll es eine Teilfreistellung geben. Die Empfehlungen des Beirats lieferten für die von der Ampel geplante Reform „wichtige Ansätze“, so Paus.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz hatte die Leistung der Familienpflegezeit in ihrer aktuellen Ausgestaltung zuletzt als wenig hilfreich bezeichnet. Pflegende Angehörige und Nahestehende, die im Rentenalter seien, würden schlicht übersehen. (hom)