Für die Behandlung multimorbider Patienten gibt es noch keine Leitlinie

Wer versorgt in der Zukunft die Patienten? Ärzte? Pflegende? Oder gleichberechtigte Teams aus Mitarbeitern beider Sektoren?

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BERLIN (af). Medizin und Pflege sind sich noch fremd. Dabei stellt nur eine abgestimmte Zusammenarbeit der Sektoren die ärztliche Versorgung einer alternden Bevölkerung sicher. Diesen Befund haben Politiker und Wissenschaftler dem Gesundheitssystem beim ersten vdek-Zukunftsforum in Berlin erstellt.

Der Preis für das längere Leben sei die Zunahme von Demenzen und Multimorbidität, sagte die Medizinsoziologin Professor Adelheid Kuhlmey von der Charité. Multimorbidität sei aber nach wie vor eine große Unbekannte. Die Versorgungsstrukturen seien nicht darauf eingerichtet.

Würden Menschen mit Bluthochdruck, Osteoporose und Diabetes mellitus jeweils leitliniengerecht behandelt, müssten sie rund um die Uhr therapiert werden, sagte Kuhlmey. Leitlinienmedizin und die Morbiditätsentwicklung passten noch nicht zueinander.

Die Arbeitsverteilung im Gesundheitswesen werde sich verändern, war sich Kuhlmey sicher. Es gelte jetzt in moderne Ausbildungskonzepte zu investieren, zum Beispiel in gemeinsame Studiengänge von Ärzten und Pflegenden.

Wie sich die Morbidität entwickele, liege auch in der Hand der Ärzte heute, sagte Professor Karl Lauterbach. So würden die Krankheiten, die im Verdacht stehen, Demenzen auszulösen, nicht frühzeitig genug behandelt, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der SPD.

Anders als in den Krankenhäusern verlaufe die Entwicklung kooperativer Strukturen zwischen Ärzten und Pflegenden im ambulanten Sektor schleppender, sagte Dr. Cornelia Goesmann.

Sie setze auf die junge Frauengeneration in der Medizin, die die Zusammenarbeit mit dem Pflegesektor eventuell besser meistern werde, hofft die stellvertretende Vorsitzende der Bundesärztekammer. Eine große Rolle bei der Versorgung der Menschen in der Zukunft werde die Delegation ärztlicher Leistungen an nichtärztliche Helfer spielen.

Einen Konstruktionsfehler im System wollte Willi Zylajew ausgemacht haben. Die Einführung der Pflegeversicherung habe den Graben zwischen Medizin und Pflege vertieft. Die Folge: "Jeder erledigt nur das, wofür er auch bezahlt wird", sagte der Gesundheitsexperte der Unionsfraktion im Bundestag.

Der Pflegesektor sei sprachlich negativ besetzt. Begriffe wie Pflegenotstand und Minutenpflege machten ihn nicht attraktiver, sagte Martina Bunge von den Linken.

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